Folkhard: „Ich versuche Wahrheit zu lernen und zu erkennen, woher auch immer sie kommen mag“

Mein Name ist Folkhard Konietz. Ich bin in dritter CIMG0967Generation Mitglied der Kirche und aktuell Sonntagschulleiter und Lehrer in der Krefelder Gemeinde. Über openfaith habe ich auf John Dehlins Facebookseite erfahren. Ich hoffe auf einen Austausch, der weiter reicht, als die Sonntagsschule oder HP-Treffen. Ich wünsche mir mehr Raum für eine individuelle Glaubensinterpretation, z.B. dass das Buch Mormon ein inspiriertes Buch sein könnte, ohne an dessen Historizität glauben zu müssen, sowie viele weitere Punkte der Lehre, die ein Mitglied anders sieht als der Mainstream.

Aufwachsen in der Kirche

Die ersten Schritte machte ich in der Gemeinde Selbongen, Ostpreußen. Obwohl es in Deutschland seit 1852 Gemeinden gab, wurde 1929 das erste Gemeindehaus in Selbongen gebaut. An die Klassen erinnere ich mich sehr vage, doch die Wetten, die ich mit meinen Freunden gemacht habe sind unvergesslich. Wer von uns das Abendmahlwasser am längsten im Mund bewahren konnte, ohne es zu schlucken, hat gewonnen. Nach der Versammlung wurde dann draußen geprüft, wer der Gewinner war. 😉
Als ich 14 Jahre alt war, kamen wir nach Deutschland. Hier begann meine Glaubensreise so richtig. Freunde anderer Religionen, und Diskussionen über Religion und Glauben bis spät in die Nacht. Mein bester Freund, ein Baptist aus Russland, war ein treuer Gesprächspartner. Mit der Freundesgruppe, die aus einem Baptisten, einem Katholiken und einer neuapostolischen Freundin bestand, besuchten wir auch andere Gottesdienste. Damals war ich überrascht, dass die neuapostolische Kirche auch Apostel hat, (mehr als 12 bzw. 15 ) und dass dort das Abendmahl stellvertretend für die Verstorbenen eingenommen wird.

Inaktivität und Dissonanz

Es folgten Jahre der Inaktivität. Unabhängig davon begleitete mich immer eine, wie ich sie nenne: intuitive Dissonanz. Von einer kognitiven Dissonanz konnte ich da noch nicht sprechen, aber irgendwie fühlte ich, dass Dinge nicht so sind, wie ich sie kannte. Erst im zarten Alter von ca. 40-45 vollzog sich der Wechsel, nachdem ich mit der Kirchengeschichte und den Dogmen aus anderen Perspektiven in Berührung kam. Seit ca. 8 Jahren habe ich mehr und mehr inneren Frieden erfahren. Das Gebet war in dieser Phase des Lernens immer mein Begleiter. Das war schon immer so, die Frage nach Gott und Christus hat sich mir nie gestellt. Die Lehren, die man so Sonntags mitbekommen hat und die Ansichten der Mitglieder, waren immer ein Trigger für innere Rebellion.

Konstruktiver Umgang mit Widersprüchen durch Sekundärliteratur

Bücher, die ich zu lesen begann, halfen mir alles irgendwie in eine Form zu gießen, die mich heute Frieden und eine Art von Verständnis und Geduld erleben lässt. Dies waren Bücher wie die Werke von Friedrich Weinreb z.B. „Schöpfung im Wort“, von Edouard Schuré z.B. „Die Großen Eingeweihten: Geheimlehre der Religionen“.
Bücher, die meinen Horizont bezüglich Christus erweitert haben, wie „Jesus Christus: Eine Biografie“ von Peter Seewald, sind mir ans Herz gewachsen. Mit den zum größten Teil kontroversen und oft brutalen Geschichten des Alten Testaments versöhnten mich Werke, wie „Thora in Jüdischer Sicht“ von Gunther Plaut, und ähnliche. Durch sie erkannte ich, dass viele „Schreckensgespenster“ ihre Kraft verlieren, wenn man zumindest ansatzweise in die bildreiche Sprache der vergangenen Zeiten und Kulturen reinschnuppern kann.
In den letzten Jahren habe ich z.B. „Rough Stone Rolling“, „In Sacred Loneliness“, „The Development of Mormon Doctrine“ gelesen.  Da werden geschichtliche Themen besprochen, die man in der Sonntagschule nicht unbedingt besprechen kann, zumindest nicht unüberlegt; denke da an ältere Geschwister (70-80), die das wohl nicht mehr vertragen würden.

Anachronismen im Buch Mormon z.B. stören mich weniger, da ich auch sehr viele in der Bibel gefunden habe. Dass das Buch Mormon viele Lehren des 19. Jahrhunderts beinhaltet, stört mich auch nicht weiter, da z.B. das Neue Testament viele Lehren des Alten Testaments enthält und z.B. die Aussage von Jesus zur „Goldenen Regel“ schon in Kulturen vor 3000 Jahren bekannt waren. Aussagen von Mitgliedern in der Kirche, ob privat oder von der Kanzel kann ich gegebenenfalls respektvoll ansprechen, denn es sind gute Menschen, auf die ich mich in vielen Dingen verlassen kann, und die da sind, wenn ich ihre Hilfe brauche.

Meine heutige Sicht

Heute versuche ich Wahrheit zu lernen und zu erkennen, woher auch immer sie kommen mag. Menschen, Institutionen, Religionen, Zivilisationen entwickeln sich und ich vermute mal, alle haben irgendwelche „Leichen in Keller“. So denke ich heute, und mit diesem Hintergrund, könnt ihr meine Kommentare etwas besser beurteilen. Bin halt der integrative Typ, denn alles wird einmal ein großes Ganzes.

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4 Comments
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Folkhard
Folkhard
7 Jahre her
Reply to  Guido

Danke für die Lieben Worte, Guido.

Adelheid Schnell
Adelheid Schnell
7 Jahre her

Von Brigham Young stammt die Aussage: „„Alle Wahrheit ist Teil des Evangeliums Jesu Christi, selbst wenn du zu den Heiden gehen musst, um es zu finden.“ Dazu jetzt ein Beispiel: Dr. Melvin Fish, ein Familientherapeut aus Utah hat bei einenem Workshop um 2005 herum hier in Deutschland ein Interview von 12 Mönchen durch einen amerikanischen Reporter erwähnt, das um 2000 im Amerikan. TV gesendet worden war. Sie haben dargelegt, dass man mit Chi heilen kann. Chi ist identisch mit dem Licht Christi, so wie es in LuB 88:7-13 erklärt wird. Dieses Licht Christi ist die Macht der Schöpfung, das Material, aus dem alles geschaffen wurde, aber auch die Energie, die alles auf Erden durchdringt und allem Leben gibt und die Energie der Liebe. Von den Chinesen wird diese Energie Chi genannt. Diese Mönche erklärten wie man Chi vielfältig einsetzen und über es Krankheiten behandeln kann (Auch Akupunktur). Ihre Vorfahren haben diese Energie viele Jahre genutzt. Woher sie das Wissen haben? fragte der Reporter. Die Antwort war: Wir haben es von Jesus Christus erhalten. Der Sprecher der Buddhistischen Mönche erklärte es so: In alten Tempeln der Buddhisten gab es Berichte von Jesus Christus als er 18 Jahre alt war und sie über Chi belehrte. Dr. Melvin Fish erwähnte nun, dass von der Zeit von 12 Jahren bis zu seinem 30sten Jahr in der Bibel nichts über Jesus Christus berichtet wird, aber dennoch hatte er in dieser Zeit Aufgaben, von denen wir noch nicht wissen. (Später habe ich im Oktober-Liahona 2004 auf… Weiterlesen »

Folkhard
Folkhard
7 Jahre her

Sehr interessant, Adelheid. Ich glaube auch, dass es weit aus mehr Parallelen in allen Religionen gibt, als wir erahnen. Nur weil die einen Vater im Himmel sagen, die anderen Allah und die dritten Manitou, bedeutet das nicht, dass es tatsächlich unterschiedliche Wesen sind. Wir werden einmal Bauklötze staunen, da bin ich mir sicher.