Mormon Stories Interview-Runde: Als „unorthodoxes“ Mitglied aktiv in der HLT-Kirche bleiben

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Übersetzung einer englischsprachigen Interview Runde, moderiert von Dr. John Dehlin (Gründer der Open Stories Foundation und Mormon Stories), die ich mit seiner freundlichen Genehmigung ins Deutsche übersetzt habe.

Teilnehmer

  • Ph.D. Dan Wotherspoon13413029_961154687369_1018238158481698619_n (im Bild links): Aktives HLT-Mitglied, wohnhaft in Utah, Moderator / Interviewer „Mormon Matters – Podcast“
  • Ph.D. Gina Colvin: Aktives
    HLT-Mitglied aus Neuseeland, Moderatorin / Interviewerin „A Thoughtful Faith – Podcast“
  • Thomas McConkie: Wieder aktives HLT-Mitglied nach über 20 Jahren Buddhismus, Großneffe von Bruce R. McConkie, Autor des Buches „Navigating Mormon Faith Crisis: A Simple Developmental Map“

John: [In seiner Vorstellung des Abends spricht er über die vielen Blogs in der HLT-Szene. Die Gruppen, die ehrlich und bewusst, obwohl unorthodox, sich für den Verbleib in der Kirche entschieden haben, wachsen beständig. Deswegen ist es fair und angebracht, diesen Gruppe in auf der Mormon Stories Webseite Raum zu geben. Diese Gruppen werden größer und erfreuen sich zunehmend größerer Beliebtheit.]

[Vorstellung der einzelnen Teilnehmer – siehe oben]

John: Was hat euch veranlasst, von einem orthodoxen Hintergrund kommend, einen alternativen, eher mittleren Weg zu gehen?

Gina: Eigentlich fand nicht ich diese Art von Weg, sondern der nuanciertere Mormonismus  fand mich. Ich öffnete mich für die Möglichkeit den Mormonismus auf eine bestimmte Art und Weise zu sehen. Ich öffnete mich für die Möglichkeit, dass da mehr ist um mich, um meine Spiritualität darin zu betten. Mein Bedürfnis spirituell zu wachsen ist stärker als alles andere. Die größte Überraschung war dann, dass ich das auch im Mormonismus tun kann.

John: Und was hat Dich dazu gebracht, Dich für diesen Weg in der Kirche einzusetzen?

Gina: Du warst es, John. Hab dann angefangen zu bloggen um meine Gedanken zu teilen. Die vielen geteilten Gedanken Anderer, das ist heute für mich ein wichtiger Teil dessen, was den Mormonismus für mich ausmacht.

John:  Dan, deine Geschichte?

Dan: Meine Philosophie war immer das große, umfassende Bild der Dinge. Ich begann Religion zu studieren und es gelang mir im ersten Semester all die Themen, wie Religion und Psychologie, Religion und Feminismus, Religion und Soziologie, … meinen Mormonismus davon unbeeinflusst zu halten. Im zweiten Semester studierte ich die Schriften bzw. das Neue Testament, auch Kirchenschriften und war immer noch der Ansicht, die Schriften wären Gottes Durchbruch, der sich im westlichen Kanon der Schriften offenbarte.

Als ich über die Beteiligung der Menschen und anderer Kräfte, die in der Entstehung der Schriften verwickelt waren, erfuhr, löste das eine Art Glaubenskrise aus, gleichzeitig begann ich all die Religionen dieser Welt zu lieben und die Schönheit in ihnen zu sehen. Diese Reise dauerte sieben Jahre, bis ich alles begriff. Und letztendlich wurde ich sehr entspannt als ich all ihre Schönheit erkannte und mir ging auf, dass es mir egal war, ob sie nun wahr sind oder nicht. Sie sind gut, sie sind schön, sie formen Leben, sie erheben Fragen über das Universum. Und ich realisierte, dass meine Religion eine von vielen ist. Das Ergebnis der Reise, die mir Frieden brachte, war die Erkenntnis, dass wir eine großartige Religion unter vielen anderen sind. Alles was da zu finden war, haben auch wir, obwohl wir eine hierarchisch straffe und authoritätsorientierte Organisation haben. Die Schönheit liegt daher etwas verborgen da. Aber allgemeiner ausgedrückt, kam meine Glaubenskrise durch Streben nach Wissen und religiöser Bildung zustande.

In meinen ersten Jahren des Ringens hatte ich das Glück, gerade in dem Augenblick, als ich dachte, dass meine Religion versagt hat und mich betrog, Menschen zu treffen, die mich mit Eugene England, Sunstone, etc. bekanntgemacht haben, die mir ein Licht in dieser Zeit waren und mir eine Idee davon vermittelten, dass mehr Jenseits des Durcheinanders zu finden war.

John: Thomas, wie bist Du mit den McConkies, die wir alle kennen, verwandt?

Thomas: Bruce R.McConkie ist mein Großonkel.

John: Da viele von uns wenig über Dich wissen, erzähle uns doch von Deiner Erziehung und deinem Weg aus der Kirche und wieder zurück.

Thomas: Ich wurde in der Kirche erzogen, und im Alter von 13 Jahren „fand mich“ eine Glaubenskrise, obwohl ich noch zu jung war um über den Mormonismus zu philosophieren oder zu theologisieren. Irgendwie spürte ich im Inneren, dass etwas nicht stimmte und es kam mir der Gedanke, was wäre, wenn ich heute nicht zur Kirche ginge? Ich glaube, noch nie hatte ein McConkie diesen Gedanken, oder zu mindestens hat ihn nie jemand geäußert. [Lacht] An diesem Tag ging ich nicht zur Kirche, und ich habe meine Familie nie zuvor so bestürzt gesehen. Letztendlich führte mich diese Entscheidung auf einen neuen Weg.

John: Für wie lange warst Du der Kirche ferngeblieben?

Thomas: Für ca. 20 Jahre.

John: Also Du bist nicht auf Mission gegangen? Hast Nicht im Tempel geheiratet?

Thomas: Nein.

John: Hast Du Dich mit anderen Religionen beschäftigt?

Thomas: All die Zeit hier, als Jemand, der nicht auf Mission gegangen war und nicht im Tempel heiratete, verpasste ich den für jüngere Männer vorgegebenen Weg in der Kirche. Es war für mich eine Art halbdunkler, unrealistischer Zustand. Ich fragte mich was ich hier sollte und fand die Idee nach China zu gehen sehr ansprechend. Das war alle Male besser, als hier in Salt Lake. Ich zog um die halbe Welt um mich von all dem zu distanzieren. Doch zuvor, als Jugendlicher, kontaktierte ich das Kanzeon Zen Center in Salt Lake, wo ich meine Beschäftigung und mein Praktizieren des Buddhismus begann. Es prägte mich, machte mich zu dem, was ich heute bin und es formte die Grundlage für meine spätere Wiederbeschäftigung mit dem Mormonismus.

John: Identifizierst du dich als Buddhist?

Thomas: Nein, ich glaube ich fühlte mich immer als Mormone aber fühlte intuitiv, dass Familie, Stammbaum und Karma, meine Identität bzw. meine “Muttersprache” ist. Für mich fühlt sich der Mormonismus heute als ein natürlicher Weg für meine Anbetung, meine Hingabe an, und ich habe mich nie besser gefühlt.

John: Also verbindest Du Buddhismus mit Mormonismus, so wie Erdnussbutter und Schokolade. Die beiden passen gut zu einander.

Thomas: Ja, genau, ich kann meine buddhistische Sensibilität nicht verleugnen. Sie hat mein Leben und meinen Glauben bereichert. Buddhismus half mir unter die Oberflächenstrukturen der Religion zu sehen und die Verbindung zu etwas erahnen, was Religion generiert. Zu den Quellen des Buddhismus zu gelangen, führte mich direkt zum Herzen des Mormonismus. Es ist wie die zwei Seiten einer Münze. Ich liebe die Art der Hingabe, die Art der Anbetung und Realität, wie wir sie haben und lasst uns lieber darüber freuen wer wir sind und was wir werden können und uns weniger über die trennenden Elemente und die Art wie wir darüber reden, reden.

John:  Mormonismus und die Christenheit beinhalten viele Aspekte des Buddhismus. Wie verhielt es sich mit deiner Entfremdung von der Familie?

Thomas: Das waren schlimme Jahre ( 13-18). Wie hatten uns wenig zu sagen. Viele Jahre waren voller Schmerz und Kummer. Für uns alle in der Familie war das eine Herausforderung. So lebten wir und versuchten zu koexistieren. Doch ich erlebte einen Wendepunkt in meinen späten 20ern. Das war so ein Moment, der als Gnade zu mir kam.

Die ganze Zeit über fühlte ich so viel Zorn und Verbitterung gegenüber meiner Familie, meiner Kultur für ihre Unfähigkeit mich so zu nehmen wie ich war, für meinen Weg, und dann kam der Moment, wie ein Lichtblitz, der mich erkennen lies, dass ich es war, der ihren Mormonismus, der mich nicht akzeptieren wollte, nicht verstehen bzw. akzeptieren wollte. Ich war mein größtes Problem. Als ich das erkannte, öffnete sich mein Herz.

John: Du konntest ihren Mormonismus nicht akzeptieren?

Thomas: Den Teil des Mormonismus, der mich nicht akzeptieren konnte.

John: Du warst eben so wenig akzeptierend wie sie?

Thomas: Genau, und in dem Augenblick, als ich diese Ironie verstand, öffnete sich mein Herz und das war die Pforte für meine Rückkehr zum Mormonismus. Wenn Mormonismus etwas mit Vergebung zu tun hat und die Menschen sein lassen kann, wie sie sind, und sie auf ihrer Glaubensreise unterstützt, dann kann ich das unterschreiben.

John: Du hast in deinem Verständnis den Mormonismus an dieser Stelle etwas simplifiziert.

Thomas: Ja, das war ein Teil davon.

John: Das klingt, als ob Du das Urteilen, das Dir gegenüber stattfand, von Dir weggeschoben hast und Dich entschieden hast Brücken zu bauen anstatt sie niederzureißen.

Thomas: Genau, und alles änderte sich, als ich in der Lage war all das loszulassen, was meinen Herzschmerz verursachte. Ich konnte wieder nach Hause kommen. Das war vor ca. acht Jahren und der Beginn meiner Rückkehr. Das war ein langer Prozess der Akklimatisierung mit dem Drei-Stunden-Block am Sonntag, das war eine bittere Pille zu schlucken, John. 😉

John: Wie sehr wurde Deine Familie durch Bruce R. McConkies Äußerungen beeinflusst?

Thomas: Wie jede Familie ihre Pathologie hat, so mussten auch wir damit umgehen. Bruce hatte rigide Ansichten, meine Familie hatte sie und ich wuchs mit starren Ansichten auf. Das war für mich eine Umgebung in der ich mich nicht entwickeln konnte. Je älter ich werde, verstehe ich immer mehr, dass Bruce seine Aufgabe in der Kirche hatte. Er schaffte eine Doktrin, die wir noch haben, aber seine Zeit ist vorbeigegangen. Die Kirche wurde immer globaler, wir mussten Dinge nuancierter sehen, und ich schätze immer mehr wer er war, denn auch er war auf seinem Glaubensweg unterwegs.

John: War deine Rückkehr so was ähnliches wie die Rückkehr des Verlorenen Sohnes?

Thomas: Nicht wirklich. Die meiste Zeit lebte ich in Entfremdung von meiner Familie und meine besten Freunden fanden es eher befremdlich, als ich anfing zur Kirche zu gehen. Ich habe damit meinen Frieden gemacht, und theoretisch hätte ich so weiterleben können wie vor meiner Rückkehr. Ich war ein überzeugter Buddhist, doch von jetzt auf gleich fand ich mich im Herzen des Mormonismus wieder. Es geschah einfach. Es fühlt sich ganz natürlich an, ich freue mich darüber und bin mir der Tatsache bewusst, dass dies vielleicht eine der problematischsten Zeiten in der Geschichte des Mormonismus ist um zurückzukommen. Meine Eltern habe für meine Rückkehr gebetet, und als ich zurückkam waren sie sehr  darüber verstört , dass ich immer noch so sehr ein Buddhist war. Ich wollte das Gute nicht hinter mir lassen und Mormonismus, von seiner besten Seite gesehen, nimmt ja eigentlich alles Gute auf, egal woher es kommt.

John: Freuten sich Deine Eltern über deine Rückkehr?

Thomas: Sie gewöhnen sich daran.

John: Kent Buttar ( wenn ich den Namen richtig Verstanden habe ) hat einige Bücher über den Einfluss der liberalen und progressiven Strömungen auf die jüdische Religion geschrieben. Er beschreibt die Umgestaltung des Judaismus von einem orthodoxen zu einem eher liberalen Judaismus, der sich aufgrund der Konfrontation mit der geschichtlichen Kritik des Alten Testaments und des Holocaust, Jahrhundert um Jahrhundert der Verfolgung, und der sozialen Einflüsse, zu einer Vielzahl von Richtungen innerhalb des Judaismus herausbildete. Heute repräsentiert der liberale und rekonstruktive Judaismus den größten Anteil in Amerika. In diesem Zweig des Judaismus scheint es so zu sein, dass der Glaube an Gott optional sei. Der Glaube an der historischen Moses auch. Du kannst ein weiblicher Rabbi sein, eine lesbische Rabbinerin sein. Dieser Zweig ist sehr weit geöffnet, sehr einbeziehend ( inklisiv ). Es geht da mehr um die Rituale, um die Gemeinschaft, geistige Werte und Erleuchtung in der Tradition. Du musst dich nicht zwischen Wissenschaft, Wahrheit, Wissen und deiner Herkunft, deinem Kulturerbe, deiner Spiritualität oder Religiosität, entscheiden.

In Anbetracht der geschichtlichen Entwicklungen in anderen Religionen, steht vielleicht dieser Wendepunkt auch in unsere Kirche vor der Tür? Werden wir auch durch diese Wachstumsschmerzen gehen? Ist es das, wofür wir stehen, was aus uns werden kann?

Gina: Die Frage nach dem „Wir“ muss ich hinterfragen. Hier scheint eine Übereinstimmung darüber zu herrschen, dass es EINEN Mormonismus gibt. Der Mormonismus, in dem ich in Neuseeland aufgewachsen bin, ist ein markant anderer, als der Mormonismus in Salt Lacke City. Unsere neuseeländische, eher pluralistische Art und Weise, den Mormonismus anzunehmen, hat mich geprägt. Wir waren schon immer eine synkretische Tradition. Wir konnten die Māori Spiritualitätspraxis und die amerikanische Mentalität bis zu Beginn der 70er Jahre, sehr gut neben einander stehen haben. Der Beginn der Gleichschaltung ( Korrelation ) der Kirche bedrohte somit die Wahrnehmung des Mormonismus der neuseeländischen Mitglieder. So entstand eine Teilung zwischen der sehr weiß geprägten amerikanischen Kirchenkultur und den nativen Māori-Traditionen, die bis dahin koexistierten.

Zurückkommend auf den heutigen Moment, ist es wichtig, die Aufmerksamkeit auf den Mormonismus zu lenken, der andere Kulturen miteinbezieht, sie umgibt und nährt.

Ich fühlte mich genährt und gut aufgehoben unter den Geschwistern. Ich mochte aber diese amerikanische Autorität nicht. Viele Mitglieder, die ich liebe, begannen sich klein zu fühlen. Der Moment, über den wir sprechen, ich denke Mormonismus ist sehr Tapfer in der Peripherie und in den Schattenbereichen. Die korrelierte Kirche macht einen guten Job auf der Sonnenseite, aber das Leben besteht nun mal aus Schatten- und Sonnenseite. Es muss eine Versöhnung zwischen der Spiritualität da draußen und der im Zentrum, auf der Sonnenseite, stattfinden. Das wäre gesünder für den Mormonismus.

John: Was Du sagst ist, dass es nicht DEN Mormonismus gibt,

Gina: Genau, und es gab immer viel Widerstand.

John: Sondern, dass es während der ganzen Geschichte Spannungen, so zusagen, dialektische Auseinandersetzungen innerhalb unserer Tradition gab, und dass es nicht den EINEN Mormonismus gab, der sich kontinuierlich vorwärts entwickelte. Viele hier im Publikum, die im korrelierten Mormonismus aufgewachsen sind, glauben es gäbe nur einen Mormonismus, aber ihr hier sagt, dass es immer eine ausgefranste, schwierige Situation gab.

Gina: Absolut.

Dan: Ja das ist eine gute Frage, und ich weiß, dass Thomas auch wirklich gute Ansichten hat, ich kenne sie aus unseren Gesprächen. Ich werde auf Deine Frage antworten, ob ich mich mit den Labels; liberaler oder progressiver Mormone beschäftige oder so etwas ins Leben rufen würde. Ein Erlebnis, das ich hatte, als eine orthodox gläubige Jüdin einen Vortrag über das Klonen hielt, soll das verdeutlichen. Sie sprach über die Tradition des Judaismus im Zusammenhang mit dem Körper. Das lag eine Offenbarung für mich in der Art, wie diese Frau sprach. Diese Frau hat die Wissenschaft und die Tradition auf eine natürliche, selbstverständliche Art und Weise verbunden. Ich schrieb Abhandlungen zu Thema; mormonische Theologie, und als die Leute mich fragten, was ich sei, antwortete ich immer: „Ich bin ein Mormone, doch mach Dir keine Sorgen, ich bin ein liberaler Mormone“. Als ich das von außen betrachtete, musste ich innehalten und überlegen, denn es gab immer ein > aber <. Als ich das nächste Mal gefragt wurde, was ich sei, antwortete ich: „Ich bin ein mormonischer Theologe“. Dabei beließ ich es. Ich mag diese Labels nicht. Ich bin Mormone, Du bist Mormone, diese Labels sind zur Zeit ein notwendiges Übel, aber die machen keinen Sinn. Ich will nur das alle wissen, was immer Du bist, spreche es aus und lass die anderen sich wunder.

John: Bin ich ein Mormone?

Dan: Jeder, der den Anspruch darauf erhebt ist ein Mormone. Das ist der Ausgangspunkt für gesunde Spiritualität und gesundes Leben.

John: Thomas, willst Du was sagen?

Thomas: Ja, ich wollte Dich fragen ob Du ein Mormone bist?

John: Ich fühle mich definitiv der Kultur verbunden. Es ist so wie mit einer Scheidung. Man gehört zu Familie, aber es ist auch viel Dramatisches und Problematisches dabei, was das Zusammensein verhindert. In meinem Herzen fühle ich mich doch eher als ein Mormone.

Thomas: Ich habe da ein Bild, das ich anbieten möchte. Als Gina und Dan über die Erfahrungen und das Wachstum des Mormonismus sprachen, denke ich ist es wie mit dem Urknall. Die Geschichte aus der Wissenschaft, da war erst mal quasi nichts, und dann war alles da. Und alles, was aus dem Nichts kam, war ein Teil des Urknalls, alles aus dem gleichen Material gemacht, aus dem Kern, Licht und Energie. Und wenn sich das alles ausbreitet, wie das Universum, dann gehören alle Erfahrungen in diesem mormonischen Orbit zusammen. Jede Erfahrung die wir im Mormonismus machen gehört dazu. Das ist etwas Würdevolles und Schönes. Es hat mich bewegt, als Du ( Dan ) sagtest, Du seist ein mormonische Theologe. Das ist Evolution. Und manchmal ist Evolution ein Synonym zu Wiederherstellung. Es ist durcheinander, aber wir wachsen in diese neue Kategorie hinein, wir haben sie noch nicht gesehen, wir wissen nicht einmal wie sie benannt wird, aber wir wachsen da hinein. Was mich wirklich fasziniert ist, dass in der Struktur des Morminismus, in seiner Theologie, wir dazu eingeladen werden, uns da einzubringen. Wir sind eingeladen, sehr tief gehend in dieser Wiederherstellung mitzuwirken. So, das ist eine großartige Einladung, und es gibt viele unangenehmere Religionen und Orte, in die man hätte hineingeboren werde können.

John: Du bist voller Hoffnung für diese geschichtlichen Moment?

Thomas: Warum ich Hoffnung habe? Im Buddhismus ist jeder Augenblick der Augenblick, in dem wir zu unserem Potential erwachen können und ich denke es geht ein erstes Bewegen durch die mormonische Kultur. Leute reden miteinander, und es fühlt sich wie eine Belebung an. Und ein Moment wie dieser, warum sollte es kein Wendepunkt in der Geschichte sein?

John: Für viele von uns existiert nur ein Mormonismus, der Korrelierte, die Apostel … sie führen und sagen uns was die Lehre ist. Und aus der post-mormonischen Sichtweise bedeutet das; Bete und Gehorche. Viele, die sich aus der Orthodoxie verabschiedet haben, sehen nicht mal die Möglichkeit des Bleibens, nachdem sie herausgefunden haben, das alles nicht so ist wie behauptet. Sie sagen sogar, dass die Kirche das ist, was die Brüder sagen, und sie wollen uns nicht. Sie sagen, wir leben nicht den Mormonismus, den sie sehen wollen, deswegen sollten wir ihn verlassen.

Thomas, was würdest Du jemandem antworten, der sagt, er/sie könne nicht einen eigenen Mormonismus erschaffen und danach leben, denn was die Brüder sagen ist Mormonismus?

Thomas: Das ist eine schmerzvolle Frage. Ich kenne sie aus eigener schmerzvoller Erfahrung, denn es gibt für sie keine Kategorie im Mormonismus. Entweder sie reihen sich ein oder verlassen ihn und das ist eine schreckliche Entscheidung. Ich kann nur auf meine Erfahrungen zurückgreifen und von der Macht der Vergebung sprechen. Auch von der Realisierung, dass es Mitglieder gibt, die mich nicht akzeptieren können. Ich kann meinen Mormonismus so gestalten, dass ich sie einbeziehe. Denn was ist die Kirche ohne uns alle? Sie ist dann nur eine Menge Bücher, die nicht gelesen werden, eine Menge Gebäude, die lehr sind. Wir sind die Kirche. Und wenn wir über neue Realitäten sprechen können, neues erzählen können, was kann denn dann die Kirche anderes tun, als sich zu ändern, etwas Neues werden. Ich bin wegen der Kraft des Einzelnen, wegen der Kraft der Gemeinschaft, sehr optimistisch.

Dan: Ich lebe wie ein aktiver Mormone, bin Lehrer und werde von allen um mich herum angenommen und geschätzt und ich stelle nie Wahrheitsansprüche, sondern erzähle von Erlebnissen, Güte und Dankbarkeit, für all die Kräfte, die geholfen haben meine Tochter, die gerade geheiratet hat, zu erziehen. Ich lebe dieses Leben, und meine Güte, es sind 27 Jahre vergangen, 12 oder 13 waren die Hölle. Damals ging es und die Kirchenkultur versus ich, kleiner Mensch. Es dauerte, bis meine Selbstsicherheit, mein Vertrauen in Gott gereift ist. Ich hatte großartige Erlebnisse mit Gott auf meiner späten Mission (mit 25). Erlebnisse, die mich lehrten wie Gott und ich zusammenarbeiten, und wenn ich zu kämpfen habe, kann ich darauf zurückgreifen, weiß ich wie sich das anfühlt. Aber es gab einer Zeitspanne von vier Jahren, wo ich nur einmal im Monat nach Hause kam und mich besser fühlte als vorher. In der Zeit besuchte ich Vormittags die Unitarier, und nachmittags die Kirche. Da waren Menschen wie Randy Paul, Aufsätze von Eugene England, verschiedene Podcasts, all die Dinge die mir damals halfen, und das ist eine machtvolle Reise von der Autorität anderer Menschen zu deiner eigenen. Diese ganze Autorität der Anderen, die ganze Theologie steht jetzt meiner eigenen Spiritualität gegenüber, ich fühle mich wohl in meiner mormonischen Haut, ich fühle mich wohl in der Kirche. Ich bin traurig über die geringe Tiefe der Diskussionen, ich versuche Tiefe einzuarbeiten, auf eine andere Ebene heben, aber das dauerte ein Dutzend Jahre und sich dem anzunähern.

John: Es braucht viel Zeit.

Dan: Ja, das ist eine ganze Umorientierung. Und eine der größten Verlagerungen ist, dass das was du glaubst, immer mehr an Bedeutung zu Gunsten des Ruhens ( centering )  in sich selbst, sich im Universum zentriert fühlen, sich in seiner Haut wohl fühlen, verliert. Es gibt keinen einzigen mormonischen Anspruch, den ich wörtlich nehme, aber ihr Kern, das Wesentliche, ist erbauend, sensibilisierend. Man muss dahinter schauen.

Gina: Deine Frage war ja, ob wir diese nuancierten Positionen beziehen können? Ja, und ich glaube, solange die Kirche den Frauen nicht zugesteht, was sie bereits haben, aber nicht beanspruchen, und warten, bis die Brüder etwas tun, solange wir Frauen nicht zu der außergewöhnlichen Kraft erwachen, die wir haben und Gleichberechtigung einfordern, wird die Kirche vor sich hin paddeln. Und wenn wir über den anderen Moment sprechen, es muss ein anderer Moment kommen, ein anderer Mormonismus. Einer, der von den Frauen beansprucht wird, ohne nach Autorität zu schielen.

John: Ihr wollt uns vermittelt, der Mormonismus ist ein fruchtbarer Boden um Spiritualität zu entwickeln. Viele Menschen sehen in ihm einen verdorbenen Boden, Kirchengeschichte, Frauenfragen, … , ein moralisches Tschernobyl, und warum sollte jemand da sein Haus bauen wollen? Wie ist es für euch möglich in Anbetracht der Polygamie, Polyandrie, …euren Laden da aufzumachen? Warum dort ein spirituelles Heim aufbauen?

Dan: Ich baute biographisch mein Haus hier, in Tagen, in denen mein Leben so zerbrochen war. Wie die Söhne Mosias, die nach ihrem Trip, was aus ihrem Leben gemacht haben, und so auch ich. Ich weiß nicht ob sie je geatmet haben und ob diese Geschichte so geschehen ist, aber sie klang so realistisch in meiner Situation. So war der Mormonismus ein förderlicher Boden für mich. Die Botschaft war, Gott liebt mich, ich kann nichts tun um das zu ändern, ich kann wieder wer werden. Ja, ich musste durch vieles gehen, bis es für mich in Ordnung war, für mich funktioniert es. In meinem Lernen habe ich gesehen, dass es diese Spannungen in allen Religionen gibt. Nicht nur bei uns. Jemand sagte, ja ich sehe den ganzen Mist, ja und, ich mache mich daran ihn zu verringern. Die ganzen problematischen Aspekte sind da. Ich will es nicht herunterspielen, es gibt viele die darunter leiden, verletzt wurden. Ich persönlich fühlte mich durch den Mormonismus nicht geschädigt, nein, nicht zu sehr. Irgendwann mal schloss ich meinen Frieden mit dem Gedanken, nicht immer nur Siege einfahren zu können. Menschen engagieren sich für eine Sache ein Leben lang, haben oder haben keinen Erfolg, Dinge ändern sich vielleicht zu ihren Lebzeiten, aber das ist nicht der Grund für Veränderungen, ich fühle mich zu diesem Leben durch meine Fähigkeiten, nicht so super schnell zu reagieren, berufen . Es ist eine tragische Schönheit in nicht immer einen Sieg davontragen zu müssen. Darin sind Ressourcen für geistige Erneuerung vorhanden. Finde jeden Tag die Energie, die zu deinem höheren Selbst spricht. Inmitten des Schmerzes existiert auch so viel Freude. Ich wähle Güte über „Richtigkeit“.

Gina: Ich müsste erst einmal überzeugt werden, dass es ein verwüstetes Land, ein unfruchtbarer Boden ist. Ich will die seelischen Verletzungen, die anderen zugefügt worden sind nicht herunterspielen und für die, die mich nicht kennen, sage ich, es gab Zeiten in der Kirche, da dachte ich, wenn mein Kopf jetzt explodieren würde, würde es mich nicht überraschen. Es gab Zeiten, da bekam ich auf dem Parkplatz vor der Kirche keine Luft mehr. Die ganze Mythologie zerfiel und dieser Ort war ein falscher, und das wahr sehr, sehr schmerzhaft. Mit dem Gesagten als Hintergrund, kann ich aber die Güte nicht verleugnen, die mir entgegenkam. In jeden Moment meines schwierigen Lebens (wer Interesse hat, bitte recherchieren, sehr spannend;  ( )von mir eingefügt ) war ein Mitglied der Kirche da, um mir zu helfen. Ich war 14 Jahre alt, saß in der Zelle der örtlichen Polizei und fragte mich, was aus mir werden wird, als der Gemeindepräsident auftauchte und sagte: „Wir wollen Dich“. Als ich 16 war, verhielt sich mein Stiefvater sehr aggressiv und hart mir gegenüber. Der Pfahlpräsident tauchte auf und nahm mich in seine Familie auf. Es gibt eine Großzügigkeit im Mormonismus, die spektakulär ist, und ich war die Nutznießerin. Und ich muss in aller Ehrlichkeit sagen, einige der besten Dinge, die mir widerfahren sind, geschahen weil ich HLT-Mitglied bin, einige der schlimmsten Dinge, die mir widerfahren sind, geschahen weil ich HLT-Mitglied bin. Das ist wie es ist. Wenn ich nach einem Bildnis suche, das in seiner Gänze nur Großzügigkeit beinhalte, dann fehle ich. Das ist nicht das Leben. Manchmal brennt die Hütte, und für ein Jahr fand ich geistige Nahrung bei den Baptisten. Meine Spiritualität entwickelte sich, ich erholte mich, mein Verhältnis zu Gott erneuerte sich, mein Verständnis der Bedeutung des Lebens Christi erweiterte sich, und dann, Überraschung, Überraschung, und es überraschte mich selbst, fühlte ich den Ruf zurück in die Kirche. Ich kann es nicht erklären. Und wiederum überraschend, all die Dinge, die mir Kummer bereiteten, die meine Aggression und Schmerz schürten, sah ich jetzt anders.

Ich belästigte die Leute mit meiner Aufgewühltheit. „Die Sache mit… regt micht auf!“, und so ruinierte ich viele Beziehungen, ich terrorisierte sie. Verstehend, dass mein Verhältnis zu Gott mehr als alles andere im Mittelpunkt steht, rief er mich auf zu mehr Mitgefühl, Barmherzigkeit, ohne mich gleichzeitig zu einem Leben mit mehr Gehorsam den oft diffusen Priestertums-Strukturen gegenüber, aufzufordern. Ich kam zurück, nicht mehr gefesselt, frei von allen Dingen, die mir früher Angst gemacht haben. Und jetzt fürchten die Leute mich. (Lachen)

Thomas: Es hat mich bewegt, Dan, als Du sagtest, dass Du von der Kirche nicht traumatisiert wurdest. Meine größten Verletzungen kamen direkt von meinem mormonischen Erlebnis. Jeder einzige Autor meine Pein war die Kirche, und deswegen ist Deine Frage sehr relevant, und ich vermute, dass es vielen anderen auch so geht. Es gibt ein Muster, welches ich sehe, hoffentlich kann ich es artikulieren. An einem bestimmten Punkt unseres Lebens, hielt uns und nährte uns die Kirche. Und wir hören heute Abend von allen hier, dass es dann plötzlich einen Moment gab, der uns aufbrachte, verärgerte, Dinge aus der Geschichte der Kirche, Polygamie, Priestertum, LGBT, … und plötzlich werden wir aus dieser Sicherheit herausgeboren, in dieses helle Licht der Traurigkeit, und wir fragen uns, wie konnten wir an so einem Ort verweilen. Wir schauen zurück auf diese „Eltern“ und fragen uns, wie können wir in diesem Haus bleiben? Jetzt werden wir erwachsen und wenden uns der Kirche zu, können uns um sie in ihrer Kindheit kümmern. Wir können einen Ort in unserem Herzen finden, der größer ist, als wir es für möglich gehalten haben. Und jetzt können wir alle Unzulänglichkeiten ertragen und einbeziehen. Ich schließe meine Augen nicht vor den Problemen, aber meine Erfahrung ist, dass mit den Dingen in der Kirche zurechtzukommen, die ich so gar nicht mag, für mich ein Wachstumsfaktor ist. Und tatsächlich das zu würdigen, was ich werden kann. Und dieses geistige Geburtsrecht ist für mich zu bedeutend, als dass ich es für irgendetwas aufgeben könnte.

John: Eine Freundin sagte, sie würde ihren Partner so lange nicht heiraten, bis in Amerika jeder Mensch das Recht hat zu heiraten, also auch Homosexuelle. Womit die Einstellung klar wird, dass solange nicht alle mit einbezogen sind, wir da nicht mitmachen. Wenn man sich den Umgang mit Intellektuellen in der Kirche ansieht, die exkommuniziert werden, die Frauenbewegung, und den größten Schlag, die Aussagen zur Homosexuellen und deren Ausschluss von Ehe, Taufen derer Kinder, wenn man grundsätzlich sagt: „Ihr seid hier nicht erwünscht“.

Wie kann diese Abfolge von Tiefschlägen euch nicht dazu bringen die Kirche zu verlassen? Wie kann man auf der Titanic verbleiben, wenn so viele andere über Bord geworfen werden? Mit dieser Frage greife ich euch nicht persönlich an, und keiner muss sich rechtfertigen. Das waren auch Tiefschläge für euch, und sind es immer noch, glaube ich, und ich glaube, dass ihr auch Sympathien für diese Menschen hegt, doch wie habt ihr das für euch mit eurem Verbleib in der Kirche vereinbaren können?

Gina: Das ist eine großartige Frage, John. Thomas und ich sprachen neulich darüber, wie wir weiterhin im Mormonismus verbleiben können und unser Verbleib wie eine Bestätigung der Tiefschläge für die Menschen erscheint, die so tiefgehend verletzt wurden. Mir ist die tiefe Verwundung dieser Menschen bewusst, und ich möchte auch nichts entschuldigen, denn sie sind spirituell traumatisiert. Für mich war die Exkommunikation von Kate Kelly der größte Schlag. Sie ist eine Freundin. Warum erzähle ich das. Ich besuchte damals eine Veranstaltung von Kate und ich verspürte dort einen starken Geist. Als sie exkommuniziert wurde, fühlte es sich so unvereinbar mit dem Geist von damals an. Ich glaube viele von uns fühlen diese Spannung zwischen den eigenen Erlebnissen, der Spiritualität, die wir in diesen progressiven Momenten der Evolution verspüren, den wir für die Kirche wünschen, und dem, was die Kirche tatsächlich macht. Der Pfahpräsident bat mich zu ihm zu kommen und er gab mir die Möglichkeit zu weinen und darüber traurig zu sein. Er konnte natürlich aufgrund seiner Position keine Stellung beziehen, aber ich fühlte Empathie für ihn und ich erkannte, dass es mehr gibt als nur Richtig oder Falsch, ich konnte meine Sichtweise und Gefühle im Mormonismus haben, und sehr viele Menschen und ehemalige Bischöfe riefen mich an, bekundeten ihr Mitgefühl und einige sagten sogar, dass es falsch war, sie zu exkommunizieren, und sie hätten es nicht getan. Es gab viele solche Geschichten und ich fühlte nur, dass meine Spiritualität innerhalb der Kirche getragen wurde. Ich erlebte nicht dieses schwarz oder weiß, denn die größte spirituelle Substanz fand ich in der Kirche. Und es ist immer noch so.

Thomas: Kannst Du mir helfen die Frage besser zu verstehen, John?

John: Es sind viele wundervolle, gute Menschen, denen gesagt wird, dass sie nicht erwünscht sind, und für einige reduziert es sich auf die Frage des Privilegs. Wenn es so ist, dass man hetero ist, Mittelkasse Weißer, was immer es ist, dann kannst Du auf beiden Hochzeiten tanzen. Man kann die Gemeinschaft genießen, eine gewisse Popularität auch. In Anbetracht der Menschen, die nicht erwünscht sind, die Ausgeschlossen werden, wie könnt ihr es mit euch vereinbaren sich nicht mitschuldig zu fühlen, indem ihr euren Namen, eure Zeit und Geld zur Verfügung stellt, obwohl seitens der Kirche anderen so viel Schaden zugefügt wurde? Wie konntet ihr in Anbetracht diese Dinge in der Kirche verbleiben?

Thomas: Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich den großen Schmerz in dieser Frage fühle und es gut finde, dass Du bereit bist diesen Schmerz zu fühlen und eine Stimme für diese Menschen bist, und ich könnte mir nicht vorstellen in diesem Moment am Mormonismus Teil zu haben, ohne diesen Schmerz wahrzunehmen und darüber ehrlich zu sein. Meine Antwort in diesem Augenblick ist, dass ich es nicht weiß, ich weiß nicht ob ich mich mitschuldig mache, wenn ich zur Kirche gehe, oder ob es hilfreich ist, ich hoffe, dass es hilfreich ist, ich weiß nicht, ob es hilfreich ist heute hier zu sein, einen gemeinsamen Raum zu schaffen wo wir zusammen wachsen können, den Schmerz lindern können, zusammen heilen können und eine gemeinsame Zukunft bauen können. Ich weiß das alles nicht, aber ich hoffe es. Alles was ich sagen kann ist, dass ich eine Einstellung des Experimentierens mitbringe, ein Risiko eingehen will zu sehen, wie wir das System gründlich prüfen, sondieren können, was können wir tun um alles wieder zum Laufen zu bringen. Ich kann nicht ok sein in der Kirche, als Mormone, solange meine LGBT Geschwister nicht so willkommen in der Kirche sind wie ich. Wie wir dort hinkommen, weiß ich nicht, aber ich bin hier, sage das alles und bin dankbar, dass ihr alle hier seid.

John: Ich will euch nur sagen, wie ich diese Antwort, „ich weiß es nicht“, liebe. Ich erhalte sie fast nie. Manchmal kann diese Antwort viel sagen.

Dan: Ich habe getrauert, habe wochenlang getrauert, bis ich wieder eine Art Hoffnung fühlen konnte. Meine Freunde und ich versuchten in Gesprächen, Podcasts, das alles zu sortieren und zu verstehen. Der zweite Schlag war dann Elder Nelsons Aussage, dass es eine Offenbarung war. Brauche ich einen weiteren Monat. Glücklicher Weise hatte ich in den verschiedenen Podcasts mit Menschen, die auf diesem Gebiet bewandert waren, eine Plattform, die mir half damit zurechtzukommen. Ich konnte öffentlich über alles reden und wir konnten gemeinsam trauern. Ich konnte etwas Gutes in der Welt sehen und gleichzeitig trauern. Aber ich kann nicht oft genug sagen, wie wichtig die rettenden Handlungen im täglichen Leben sind, eine Verbindung zu Gott, Du und Er, allein, ihr ringt, ich kann jeden Tag meinen Schmerz zu ihm hinausschreien, ich fühlte mich nie angelehnt von Gott, oder dem Universum, oder wie jeder es sehen will. Aber das ist es, zusammen trauern und ab einem Punkt weiter zu gehen. Ich habe meinen Frieden geschlossen. Der Mormonismus wird überleben, und wenn man die Kraft hat, Angesichts  der vielen schlimmen Dinge, zu bleiben, hier zu wirken, ein Zeuge für das Gute zu sein,  dem Schmerz eine Stimme über den Verlust der vielen Menschen zu verleihen, dann fühlt sich das gut an. William James sagte, dass wie nie wissen werden ob unsere Taten gut oder böse waren, biss wir die Schreie der Verwundeten hören werden. Also versuche ich sensibel dem jungen LGBT Mitglied  gegenüber zu sein, für sie am Sonntag da zu sein, und ich vermisse mehr Stimmen, die das an Sonntag tun könnten.

John: Sicherlich ist meine Beziehung zu meinen Freunden hier eher eine „Hassliebe“. Neulich habe ich einige sehr aggressive Beiträge auf Facebook über Menschen, die trotz all dem in der Kirche bleiben und sich damit an dem Schaden mitschuldig machen, geschrieben. Von einer Teilnehmerin des Mama Dragon Projekts, und der Tochter meines Cousins, hörte ich gute Gründe für den Verbleib in der Kirche. Ihre Aussagen waren, dass sie jeden Sonntag zur Kirche gehen, um dem jungen Mann, der jungen Frau, die homosexuell sind eine Freundin und Mutter zu sein, und wenn ich nicht da wäre, wäre es ein unsichererer Platz für die jungen Leute. Da hatte ich kein negatives Argument mehr dagegen zu setzen. Und auf eine Weise fühlt es sich wie eine heilige Entscheidung an, insbesondere, wenn man weiß wie strafend die Kirche sein kann.

Vielleicht bin ich etwas überrascht, dass ich diese Veranstaltung hier mache, mit Sicherheit bin ich kein Vertreter dieser Position, jedoch empfinde ich eine erneuerte Achtung vor Menschen, die sich berufen fühlen die Stellung zu halten, denn wer sonst sollte versuchen die positive Stimme von innen für die Veränderung aber auch für die Leidenden dieser Menschen zu sein?

Es ist immer noch eine „Hassliebe“ aber mit mehr Respekt.

John: Wohin führt uns jetzt der Weg? Bis jetzt war er sehr brutal. Viele Leute meinen, dass jetzt ein Wendepunkt erreicht wurde, wo alles den Bach runtergeht. Die Zukunft ist nicht sehr schillernd, die Kirche wird den Weg des protestantischen Christentums gehen. Sie könnte ein sinkendes Schiff Zion werden.

Was ist eure Sichtweise, in welche Richtung geht es, und wie seht ihr die Position, für die ihr einsteht?

Thomas: Meine Gedanken dazu haben was mit einer Perspektive der Entwicklung zu tun, wenn wir eine Wandlung durchleben, wenn wir wachsen, wenn sich unsere Identität unter einem Wandlungsprozess verändert. Wir wollen uns von unseren vorherigen Sichtweisen so weit wie möglich distanzieren, wir finden sie geschmacklos, total unpassend. Was ich meine ist, dass wir uns von den früheren Entwicklungsstadien trennen wollen, die jedoch unser Wurzelgeflecht ist, das sind die früheren Stadien unserer Entwicklung, die uns ja dazu gebracht haben die tatsächliche Baumkrone zu entwickeln, wo wir erblühen. So sehe ich in diesem Moment eine großartige Gelegenheit in der Kirche, wo unzweifelhaft ein Wachstum stattfindet, ich meine, die Weisheit, die von den Menschen hier kommt und von der kollektiven Quelle der Mitglieder. Es ist zutiefst entwickelnd und es ist eine Evolution darin, neue Dinge geschehen. Die Gefahr besteht darin, einen Schritt nach vorne zu gehen und dann zehn zurück, indem wir und von dem entfernen, was uns genährt hat. Ich hoffe auf einen Mormonismus, in dem wir alle einschließen können, in dem wir uns selbst kennen lernen und in dem wir die unterschiedlichsten Ebenen der Entwicklung des Einzelnen, seine Glaubensphasen, seine Wandlung, in Würde annehmen können, auch unsere eigene.

Gina: Ich habe das Gefühl, Du verlangst eine Prophezeiung von mir.

John: Können Frauen das? ( Humorvoll, Gelächter )

Gina: Oh ja, sie können es. ( Applaus aller ). Ich glaube, eine große Energie wirkt insbesondere unter den Frauen. Es ist eine geistige Kraft, die sich um uns herum sammelt. Und ich prophezeie ( humorvoll ), es wird die Zeit kommen, da die Frauen aufstehen werden und nicht länger die Männer nach dem Priestertum fragen. Sie werde das Priestertum beanspruchen, welches sie bereits haben. Und das wird alles verändern.

John: Dan, was kannstst Du dazu beitragen?

Dan: Der Mensch kann seinen Arm ausstrecken, um den mächtigen Missouri zu stoppen, und genauso kann niemand stoppen, was sich hier entwickelt, und ich denken, die Kirche wird daran nicht zerbrechen, und das sollte sie auch nicht. Doch diese sichere Ebene, wahrhaftig mit sich selbst zu sein, öffentlich sagen, was man denkt, dieser Teil des Mormonismus hat mich noch nicht erreicht. Und das ist, worauf ich mich konzentriere. Meine Erfahrungen zu teilen, wenn wir unsere Erfahrungen teilen, auch im Internet, erfahren wir die Macht unserer Stimmen. Menschen werden nicht länger schweigen, und diejenigen, die sich ändern, werden die Gemeinschaft ändern indem sie dort vor Ort sind. Lasst mich vielleicht noch etwas Strittiges sagen. Ich möchte, dass sich die Kirche sehr schnell in die Richtungen entwickelt, die ich gerne hätte. Doch denke ich, dass es eine angemessene Gangart für Organisationen gibt. Ich spreche von meiner eigenen Veränderung, die zehn Jahre gedauert hat, und das ist sehr schnell. Ich bin da durch, und ich kann nicht erwarten, dass alle da mit mir durch sind. Ich muss jedem seine Ganggeschwindigkeit zugestehen. Und ich muss auch anerkennen, dass ich so war. Ich wusste alles über die Himmel, meinen Platz in ihnen und ich packte den Tiger am Schwanz. Ich war mir absolut sicher. Jemand sagte in einem Podcast, dass ihre Mutter, die sich lebtags in der korrelierten Kirche wohl gefühlt hat, erst zu verstehen beginnt, was sich durch das Leben der Tochter offenbart. Doch sie möchte nicht der Grund dafür sein, dass sich ihre Mutter nicht mehr in der Kirche zurechtfindet.

So denke ich gibt es diese angemessene Gangart, durch immer mehr Menschen wie wir, die Dinge aussprechen. Das wird uns weiterbringen. Kirchenführer werden noch lange aus dem mehr konservativen Lager berufen, …  Wenn man in dieser konservativen Aura aufgewachsen ist, wie soll man da was Anderes sehen. Die geistigen Gaben der Frauen, wie kann man sie nicht erkennen, und vor zwanzig Jahren habe ich manchmal so scherzhaft gesagt, diese Frau wäre eine tolle Bischöfin, und die Menschen werden es immer natürlicher finden, so zu denken. Doch es geht vielen nicht schnell genug, doch ich sage, hmm, und vielleicht müssen wir wirklich warten, bis sich die Frauen mit ihrer eigenen Kraft erheben.

Gina: Im Augenblick haben wir die Ganggeschwindigkeit der Männer. Wartet nur bis wir dran sind, dann geht alles sehr viel schneller. ( Lachen ).

John: Eine Frage für diejenigen, die aus der Kirche geworfen wurden, oder für die, die gesagt haben, eine wundervolle Geschichte, aber ich kann nicht in der Kirche bleiben, und entschieden sie zu verlassen, was habt ihr ihnen zu sagen?

Dan: Entwickele dich einfach weiter. Glaube nicht, dass wenn der Mormonismus für dich nicht funktioniert, jede Religion für dich nicht funktioniert. Ich glaube unsere Leben entwickeln sich besser, wenn wir mit unserem Inneren Kern im Dialog sind. Religionen, Wissenschaften, beide haben wichtige Dinge zu sagen, erhalte diesen Dialog. Denke nicht, dass ein bestimmter Teil des Mormonismus, der in deinem Haus gelebt wurde, der Mormonismus ist, und hoffentlich schließt du in deine Betrachtungsweisen andere Aspekte mit ein. Wachse einfach weiter, ich bin ziemlich neutral, wenn es um den Mormonismus geht.

John: Was meinst Du damit? Für jemanden, der an Gott nicht mehr glaubt. Ich bin ein Atheist und ich werde keinen Schritt mehr in die Kirche setzen. Was sagst Du zu dieser Person?

Dan: Geh deinen Weg, meine Erfahrung ist, dass mein Leben besser ist, wenn ich mich nicht nur auf meinen Intellekt, meine Logik verlasse, dass es ein Zentrum einer Ebene der Energie gibt, und innerhalb der Religion kann man sich über diese Gebiete gut austauschen.

John: Es ist mehr als Emotion, mehr als Gemeinschaft.

Dan: Ja, ich hatte Emotionen, ich hatte profunde geistige Erlebnisse, das ist nicht miteinander Vergleichbar, ich kenne viele Leute, die das nicht erlebt haben, aber für mich gibt es immer ein Vorher und Nachher im Leben. Meine geistigen Erlebnisse tragen mich durch das tägliche Leben, wenn es Spannungen gibt. Sie erinnern mich, dass es mehr gibt und mehr zu berücksichtigen gilt, als den Augenblick. Ich fühle mich durch sie geerdet. Ich wünsche jedem mit sich im Frieden zu sein. Ich habe nicht auf das Leben danach geschielt, um besser abzuschneiden, ich habe es einfach gefunden.

John: Ich höre die Botschaft heraus, jedem Pfad zu folgen, auf dem du dich befindest und wachse und entwickele dich, selbst wenn Religion kein Teil davon ist.

Dan: Ja, ich hoffe, dass das mit eingeschlossen ist. Ich glaube Gott interessierte es wenig, ob du ein Mormone bist oder nicht. Das Bild von Gott ist noch nicht vollständig abgeschlossen, aber, wenn ich eines habe, dann, dass er voller Barmherzigkeit und Mitgefühl ist.

John: Gina, was ist Deine Botschaft an diese Menschen?

Gina: Zuerst einmal an Dich, wenn ich eine Apostelin wäre, würdest Du sofort wieder in die Kirche aufgenommen werden. Alle anderen, die ausgeschlossen wurden auch, damit sie wählen können. An diejenigen, die sich entschieden haben zu gehen, sage ich, Gott segne euch, ihr bleibt immer mein Volk und ich liebe euch und gedeiht.

John: Thomas?

Thomas: Ich liebe die Lehre im Mormonismus, dass wir alle das Licht Christi in uns tragen, dass wir aus dem Gleichen geschaffen worden sind, diesem Göttlichen. An die Leute, die ausgeschlossen wurden, die gegangen sind, für die der Mormonismus nicht funktioniert, und für die, die glauben, die Bezeichnung, das Licht Christi funktioniert für sie nicht, sage ich, dass wir alle eine Grundlage, die Güte, haben und das wir dieser Grundgüte trauen können. Zu diesen Leuten sage ich, traut dieser Grundgüte und ihr werdet es lieben, wohin ihr geführt werdet.

Dan: Wenn jemand den Mormonismus verlässt, hoffe ich, dass es die raue Version davon ist. Thomas sprach vor einigen Monaten in meinem Podcast davon, dass wenn du noch in Schmerzen verweilst, wenn Mormonismus dich immer noch aufwühlt, dann ist es ein sicheres Zeichen dafür, dass du deinen Frieden damit machen solltest, was nicht gleichzusetzen mit Rückkehr bedeutet, aber irgendwie sollte man Frieden finden und eine Art gesunde Beziehung mit all unseren Stationen.

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Enno Klatt
Enno Klatt
7 Jahre her

Und was ist, wenn die Voraussetzungen, die die Diskussionspartner unterstellen, einfach nicht stimmen! Wenn also das Buch Mormon, als auch die Bibel, nur aus menschlicher Phantasie entstanden sind, ohne jeglichem göttlichem Beistand. Weil schlicht der Gott der Juden, Moslime und Christen auch nur menschliche Erfindung ist?
Wir könnten uns doch zunächst einmal darauf einigen, das alles was wir denken und fühlen in unserem Gehirn eine Folge von wundervoller Biologie ist. Kann man unterscheiden ob ein Gedanke oder ein Gefühl das Produkt meines Gehirns ist, oder ob es die Folge äußerer, sprich göttlicher, Eingebungen ist.?
Warum verlieren demente Menschen auch ihren Zugang zu Gott?
Wieso braucht es eigentlich einem „Heiligen Geist“, wenn Gott oder Jesus, wer nun eigentlich, mit mir ist.
Warum versteckt sich mein himmlischer Vater vor mir? Irdische Väter nennt man Rabenväter, wenn sie solches tun.
Ist die Antwort nicht ganz einfach: Unsere phantastische Welt ist ein Produkt der Natur. Ein Gott war und ist nicht notwendig.
Ja, so die Entgegnung, was ist dann der Sinn des Lebens? Nach mormonischer Lesart, eine Prüfung für das Sein danach? Aber, was soll daran sinnvoll sein?
Ewiges Sein? Eine der gruseligsten Vorstellungen für mich!
Ich habe mich damit abgefunden, das es Fragen gibt, auf die es nie eine Antwort gibt.
Die Frage nach dem Sinn ist eine solche.

Folkhard
Folkhard
7 Jahre her

Lieber Enno, danke für Deinen Kommentar und Deine Sichtweise der Dinge. In der letzten Woche habe ich mich sehr mit der Entstehung der Religionen, also Religionsgeschichte befasst. Die Hintergründe für die Entstehung von Mythen, Heiligen Schriften anderer Kulturen, der Bibel u.s.w., interessieren mich sehr, da doch vom Verständnis dieser Gegebenheiten, die Beurteilung und der Stellenwert der Religion in meinem Leben abhängt. Wenn, wie Du schreibst, die Schriften, Gott, Religionen, alles nur Produkte unserer Phantasie sind, warum ist das dann so? Warum entspringen dem menschlichen Geist solche Gedanken und Konstrukte? Es könnte doch auch so sein, dass dies einfach nicht geschieht, dass man ja gar nicht erst auf solche Gedanken kommt, irgendwo eine höhere Macht zu sehen, seien es Waldgötter, Geister, Manitu, irgendein Gott, oder wie dich Christen, einen Vater im Himmel. Eine mögliche Antwort habe ich in diesem Artikel gefunden. Ist nur der Anfang der Recherche, aber ein guter. Heutzutage geht man von einer Grundveranlagung aus, die in Genen, ja sogar Molekülen verankert ist, aus der eine Art Religiosität und Glauben an ein Übermächtiges Wesen, entsteht. Dies soll seit eh und je, einen Evolutionsvorteil gebracht haben. http://www.gesellschaftsevolution.de/entstehung_von_glauben101.pdf Ein Zitat aus dem oben angeführten Link: „Das Argumentationsfundament ist das genetisch verankerte, also geerbte Grundverhalten aller Lebewesen, insbesondere das Sicherheitsbedürfnis, die Neugier zur Aufklärung von Unbekanntem und das Rangordnungsverhalten. Die moderne Verhaltenswissenschaft bestätigt sie ohne jeden Zweifel. Die Herleitung solchen Grundverhaltens mit einem neuen, analytischen Prozess ab replikationsfähigen Molekülen und einfachsten Organismen, also weit bevor es Menschen und Religionen gab, sichert die… Weiterlesen »

Enno
Enno
5 Jahre her
Reply to  Folkhard

Danke, für diese wertvollen Hinweise.