Kommentar von Guido Müller
In diesen Jahren habe ich gelernt, dass es Liebe ist, wenn man hinter jemandem steht, der sich grad zum Übergeben über die Toilettenbrille lehnt. Und dieser Person gut zuredet und wieder Mut macht.
Eigentlich habe ich gedacht, bei mir wäre mittlerweile „alles raus“ und ich will mich bei allen bedanken, die sich im Bad bei meinen kleinen Kotzanfällen hinter mir versammelt haben und diese „ertragen“ haben.
Heute muss ich jedoch noch einmal was ablassen liebe Leute. Wer das nicht so gut verträgt, bitte einfach nicht weiterlesen.
Habe jetzt jahrelang immer von den „netten Männern in Anzügen“ gesprochen, die durch ein druckvoll-autoritäres System hin und wieder zu kleinen (entschuldigt mein Deutsch) Arschlöchern im Namen des Herrn werden. Aber dass man es ihnen nachsehen sollte…dass sie eigentlich super nette Typen sind und dass sie ja nicht so ganz für das System verantwortlich gemacht werden können. (Mit den „Männern“ sind lokale Kirchen-Autoritäten gemeint.)
Heute möchte ich diese Aussage teilweise zurückziehen und den Standpunkt einnehmen, dass jeder dafür verantwortlich ist, welche Teile eines Systems man unterstützt. Dass jeder dafür verantwortlich ist, wenn man andere einschüchtert. Dass man dafür verantwortlich ist, wenn man religiös induzierte Gemeinheit nicht hinterfragt, sondern weiterträgt.
- Heute wurde mir von so einem netten Mann im Anzug mit Anwalt gedroht..obwohl ich ihm gegenüber immer fair und freundlich war! Ich hätte sein YouTube Interview nicht runtergenommen…..! Leider lag mir von ihm aber keinerlei Nachricht vor! Er hatte sie auf FB Messenger geschickt, wo das erstmal in einem „Nachrichtenanfragen-Fach“ landete… Er hätte mir auch vor dem Kontaktieren des Anwalts eine E-Mail senden können! Ein Impressum habe ich und dort steht sie!
- Vor mehreren Wochen habe ich mitbekommen, wie einer dieser Männer im Anzug (, den ich hier bei OF immer hochgelobt hatte, dass er „so fair und nett“ sei,) ein anderes Mitglied dieses Forums eingeschüchtert und ihm gesagt hat, wenn er ein Interview bei OF gibt, dann würde er „auf die Seite des Satans“ wechseln.
- Ein weiterer dieser netten Männer in Anzügen sagte mir, dass ich wenn ich aus dieser Kirche herausgehe, kein Anrecht mehr hätte, meine kleinen zwei Töchter zu segnen.
- Ein weiterer netter Mann in Anzug nötigte mit seiner Autorität als Bischof eine damalige gute Freundin von mir mittels Priestertumssegen in eine absolute Horrorehe – mit seinem Kumpel, der mir Jahre später eine absolut freakige Nachricht schickte, wo er sich als Polygamist gemäss LuB 132 outete.
- Ein weiterer netter Mann im Anzug las meinen Bericht auf dem OF-Blog, den ich dort vor ca. 7 Jahren in einer meiner schwersten Lebensphasen verfasste, und sprach mich dann ausgerechnet darauf an, warum ich denn nicht offengelegt habe, dass ich zweimal geschieden bin. Mit dem netten Detail am Rande, dass er mit seinem Hinweis, dass wir keine professionelle Therapie bräuchten, unsere Ehe massiv verkompliziert hatte.
Alle sahen nett und adrett aus und manche haben bei ihren Aussagen freundlich gelächelt…
Mittlerweile frage ich mich manchmal, wen bzw. welches Verhalten ich da die ganzen Jahre verteidigt habe. Nur weil Ihr sagt, Ihr handelt im Namen Jesu mit Vollmacht und „nach Handbuch“, nur weil ihr ein paar religiös-narzisstische Vorbilder habt, die handbuchgemäß als Bild in Euren Bischofsbüros hängen, heisst das noch lange nicht, dass Ihr selber nicht mehr für Euer Verhalten verantwortlich seid.
Auf welche Weise läuft das, dass ein Bischof jemanden in eine Ehe nötigt, also eine Zwangsehe arrangiert? Von Zwangsehen in der HLT Community habe ich bisher nichts gehört.
Das tut mir leid! Ja, es gibt leider eine Menge machtgeiler Leute, die sich in dieser Kirche entfalten können. Es ist auch interessant, dass in den oberen Kreisen fast nur Ökonomen, Juristen,…. aber kaum Geisteswissenschaftler, Naturwissenschaftler oder Pädagogen zu finden sind. Mormonen haben eine sehr verbreitete passiv aggressive Kultur errichtet – da darf man auch hin und wieder kotzen.
Absolut – und was sagt eigentlich Nettigkeit überhaupt über jemanden oder seinen Charakter aus ?! Ted Bundy wird nach gesagt wie nett er war. Viele pädophile Menschen groomen ihre Opfer Jahre lang mit „Nettigkeit“. Kann Nettigkeit nicht auch eine Einstigesdroge sein? Hinter einem gefakten Grinsen kann so manche fürchterliche Person sich gut verstecken .
Mir ist in letzter Zeit sehr bewusst geworden, dass sich viele Mormonen hinter dieser übertrieben Scheiß-Freundlichkeit verstecken Mehr Authentizität würde der Mormonen Kirche gut tun! Das Grinsen ist der Teppich der Kirche, wo alles „Dreckige“ drunter gekehrt und die schlechte Taten legitimiert werden!
Echt heftig!
Und nach solchen schlimmen Erfahrungen, folgen dann Sprüche wie “wir sind ja in der Kirche, weil wir nicht perfekt sind… die Kranken brauchen den Arzt… der Bischof ist in seiner Berufung, weil er noch was Bestimmtes lernen muss…”. Wieviel Schaden Kirchenführer damit anrichten ist anscheinend egal!
Jep! Dann stell ich aber Fragen: Warum heißt es nicht ganz offiziell, dass Kirchenführer ihre Mitglieder nicht in die Irre führen sollen? Warum soll Macht nicht missbraucht werden, aber wenn es doch passiert, hat das in der Regel keine Konsequenzen? Ich habe diese Kirche nicht auf dieses hohe Podest gestellt, sondern sie selber. Deshalb prallt bei mir auch der übliche Gegenvorwurf, „wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein“ ab – ich habe diesen Anspruch nicht an mich! Die Kirche jedoch schon und auch wenn es Einzelpersonen sind: Die Organisation greift meist nicht ein, sondern lässt sie gewähren!
Ich verstehe deine Haltung und es tut mir Leid, dass du das alles durchmachen musst. Ich habe mich entschieden, die Institution als solche für den Missbrauch an Mitgliedern durch Kirchenautoritäten hauptsächlich verantwortlich zu sehen. Ja, die einzelnen Menschen handeln am Ende, aber wer oder was hat sie zu ihrem Denken und Handeln gebracht? Man bekommt gesagt, jenes und dieses sei das Richtige, bekommt Leit(d)fäden und Schulungen an die Hand, welche perfide Anweisungen liefern. Der Missbrauch und das missbräuchliche Verhalten wird durch den – nennen wir es – innerbetrieblichen Gesamtkreislauf erst ermöglicht. Ich berufe mich auf die Ergebnisse des Milgram Experiments, welches besagt, dass „drei Viertel der Durchschnittsbevölkerung durch eine pseudowissenschaftliche Autorität dazu gebracht werden können, einen ihnen unbekannten Menschen zu misshandeln.“
Und ja, es gibt sie, die Narzissten und Psychopathen im Anzug. Mit einer Struktur, welche präventive Mechanismen hätte, würden solche Leute aber erst gar nicht in Machtpositionen geraten.
Du kennst meine Geschichte und weißt, wie sehr mich dieses Thema betrifft. Ich bin offen für eine Diskussion, denn natürlich auch ich habe mich die letzten Jahre gefragt, ob ich Täter schütze oder das Übel beim Namen nenne. Unterm Strich, denke ich, ist aber klar, dass der Institution als solches das Individuum sch… egal ist. Erst am Wochenende hatten wir die Diskussion, dass die Kirche ohne die Mitglieder weiterbesteht. Es sind genügend $$$ da, für einen fortlaufenden Selbsterhalt. Schräg, oder? Stanley Milgram: Gehorsam gegenüber Autorität
Ich hab mir jetzt mal einige Minuten Zeit genommen, um bisschen über diese Anzugmänner nachzudenken. Und ich möchte sie teilweise in Schutz nehmen. In meiner Familie habe ich einige dieser Anzugmänner gesehen, wie sie neben ihrer Aufgabe als Vater, Ehemann und Hauptverdiener, kaputtgegangen sind. Die Kirche belastet diese Menschen mit Aufgaben, die sie zusätzlich zu ihren eigenen Problemen noch bewältigen müssen. Teilweise macht sie das psychisch kaputt. Aber die Kirche verlangt, dass sie funktionieren, helfen und immer freundlich sind. Ich glaube, dass es inzwischen immer mehr Herausforderungen gibt, die Bischöfe zu betreuen haben. Ohne Ausbildung oder Studium ist es eigentlich unverantwortlich, jemandem solche Aufgaben zu geben. In anderen Kirchen läuft das eigentlich genau richtig. Da muss studiert werden, um eine Gemeinschaft zu leiten. Die Mormonen sind doch immer froh, wenn sie wieder einen neuen Dummen gefunden haben, den sie als Bishof aussaugen können. Dass diese Menschen Fehler machen, ist selbstverständlich. Im Grunde sind sie total überfordert.
Ja, wir geben irgendwie damit an, dass unsere Bischöfe nicht bezahlt werden, aber wie Du sagst, es wäre besser, wenn Bischöfe sich 100% auf ihre Berufung konzentrieren könnten und erst einmal eine Ausbildung machen müssten. Da hätte die ganze Gemeinde mehr davon.
Das ist der Geiz der Kirche. Alles läuft ehrenamtlich. Sogar für die Reinigung der Gebäude ist kein Geld da. Und die Mitglieder nehmen es einfach so hin, weil sie ja von Herzen gut sein müssen und sie tun ja alles für Gott und ihre Erlösung.
Der Nachteil eines Vollzeitjobs ist natürlich, dass dann der berufliche Werdegang, das Abbezahlen eines Hauses, etc. an diesem Job oder am Aufsteigen in der Hierarchie hängen kann. Das macht die Leute dann in finanzieller Weise abhängig von der Organisation, mit den bekannten Konsequenzen, die eine solche Abhängigkeit des Broterwerbs haben kann. (Das betrifft natürlich auch Kliniken, Schulen, Unternehmen, etc.) Ehrenamt ist frei von finanzieller Abhängigkeit. Allerdings scheint das in der HLT von Abhängigkeiten anderer Art kompensiert oder sogar überkompensiert zu werden.