Kommentar von Guido Müller
Letztens sagte mir jemand aus dieser Community etwas, das sich unendlich ehrlich und authentisch für mich anfühlte… Zu seinem Hintergrund: Er ist ebenfalls aus der Kirche ausgetreten. Ich sehe ihn leider überhaupt nicht oft, aber immer wenn ich das tue, fühlt es sich wie mit einem vertrauten Freund und Bruder an…
Er sagte sinngemäß:
„Von den früheren Kirchensonntagen vermisse ich vor allem eines: Diese wöchentliche Bestätigung, dieses Auf-die-Schulter-Klopfen: Das hast Du aber gut gemacht!“
MEINE GEDANKEN
Das fand ich ehrlich und nachvollziehbar…Anerkennung ist ja grundsätzlich etwas, das wir alle ganz natürlich suchen und brauchen. Etwas sooo Gutes und Wertvolles. Akzeptiert und anerkannt zu werden ist ein universelles Grundbedürfnis. Man sieht das sehr gut bereits bei den eigenen Kindern.
Das war jedoch für mich auch nochmal eine Einladung, genauer hinzuschauen für uns alle, die wir uns auf die ein oder andere Weise distanziert haben. Wofür haben wir in unserer HLT-Kindheit und -Jugend Anerkennung bekommen?
Das waren wohl leider auch oft Momente, wo wir die Antworten anderer einfach nur wiedergekäut und nachgeplappert haben. Wo wir uns immer wieder in die Keksform des guten, gläubigen Mormonen-Kekses eingepasst haben – und ja keine Individualität wagten. Wo wir „JA“ geantwortet haben, auch wenn wir „NEIN“ fühlten oder „JA“ eine Lüge war. Wenn wir still blieben, auch wenn wir aus dem Raum rennen wollten. Wenn wir es fünfmal taten um uns dran zu gewöhnen, auch wenn es sich schon beim ersten Mal richtig schlimm anfühlte. Wir bekamen Anerkennung, wenn wir uns verbogen haben, um jemandem zu gefallen. Wenn wir auswendig aufsagten und uns wiederholt in PV-Liedern auf musikalische Weise eines Anteils unserer natürlich gegebenen Entscheidungsfreiheit beraubten. Wenn wir die Fragen stellten, die in das Skript passten und nicht diejenigen, die wir innen drin fühlten.
Mittlerweile sehe ich die Entwöhnung von dieser mormonischen Form der Anerkennung als wichtige Priorität. Je weiter ich mich von dieser Art der Anerkennung fernhalte und je unabhängiger ich davon werde, desto besser.
Führt mich zu der Frage: Kann man auch zuviel Anerkennung wollen? Es könnte eine Form der Sucht sein, die durch die Kirche besonders gefüttert wird. Und wenn dann die Kirche wegfällt, leide ich dann unter einem Entzug von Anerkennung und versuche es im Privaten oder beruflich zu kompensieren? Ich war nie jemand, der sich unverhältnismäßig über Anerkennung definiert hat. Hier und da ein Lob zu bekommen ist schon schön, aber wenn das mal ausbleibt, bin ich nicht gleich gekränkt oder fühle mich deprimiert. Vielleicht liegt es daran, dass ich Dinge aus mir selbst heraus gerne tue oder sie aus Überzeugung oder auch Notwendigkeit tue, denn dann empfinde ich Zufriedenheit mit und in mir. Eine Bestätigung von außen ist mir dann gar nicht soo überaus wichtig.
R.B.: finde das Hinsehen lohnt sich insbesondere auf das Aufwachsen hin, wie es heute im hier oder jetzt ist, sei mal dahin gestellt…man darf mal hinschauen und fragen: was hat das mit mir gemacht?
Das mit der richtigen Antwort und dem Zeugnis ist ein ganz ekelig manipulativer Filter!
Denn wenn man alle „falschen“ Antwortensager rauswirft, alle „falschen“ Zeugnisse unterbindet und deren Mikrofone ausmacht und am Ende alle solche Leute rauswirft, dann bekommt man die Illusion, dass Gott Gebete erhört!
Beispiel:
Ich frage ob das BOM wahr ist!
Wer ein Ja bekommt, lässt sich taufen und gibt oben Zeugnis und erntet Lob!
Wer ein Nein bekommt geht aber nicht so weit. Er tritt erst garnicht bei.
Dann wird gesagt: Schau mal 100% der
Zeugnisgeber heute haben bestätigt, dass das BOM wahr ist!
Klingt nach der Wahrheit!
Wenn aber alle, die ein Nein bekommen haben, mit dazu gezählt werden, sind es am Ende eventuell nur 5% die ein Ja bekommen haben!
Aber solch eine Statistik wird nie gezeigt.
Also geht es in dieser Kirche nicht um die wahre Wahrheit!
Sondern um Manipulation!
Sehr gute Analysen.
Mein Kurzkommentar: Einfach zum Kotzen.
Ich habe bisher immer mehr (positives) Feedback gekriegt, wenn ich mal etwas Kritisches oder outside the box formuliert habe. Bei Mainstream Aussagen ist es ja nichts Besonderes mehr. Ist das nicht eher ein adverses Anreizsystem?
E.K.: die Fasern meines Besens zeigen in eine andere Richtung…ähm ich meine damit: meine Erfahrungen waren leider etwas anders…nun ja…wir waren wohl in einer anderen Kircheninstitution unterwegs…
Ich hatte schon Angst, Freunde und Familie zu enttäuschen. Als ich damit aber angefangen habe, habe ich auch keine halben Sachen gemacht.
Ich hab auch oft die Erfahrung gemacht, dass, wenn man was Kontroverses sagte, im Moment erst mal Stille war, aber hinterher einige im Privaten kamen um sich für die Offenheit zu bedanken oder ähnliche Gefühle auszudrücken, die sie sich nicht getraut hatten zu äußern. Aber das waren in der Regel nicht irgendwelche kirchengeschichtlichen Fakten, sondern Eingeständnisse von Schwächen oder Herausforderungen, die Einblick gaben hinter die perfekte Mormonenkulisse. Fand es immer wieder interessant wie unauthentisch doch das Auftreten in der Gemeinde sein muss, wenn sich Leute heimlich und im Stillen bedanken für Eingeständnisse der Schwäche.