Guido Müller
Ich habe mich manchmal nach meinem Austritt gefragt, warum ich zuweilen ein Problem zu haben schien, die Grenzen anderer Leute zu respektieren. Während das anderen – besonders in meinem nichtmormonischen Umfeld – anscheinend viel leichter von der Hand ging. Irgendwann fiel mir auf, dass ich mich hier nicht besonders schuldig oder schlecht fühlen muss. Denn wie bitte soll man dieses Verhalten lernen, wenn der moralische Leuchtturm und die dazugehörige Kirchenkultur, gar keinen Fokus auf den Respekt persönlicher Grenzen setzt? Erkenntnis ist immer der erste Schritt zur Besserung. Und ja, ich glaube ich habe gute Fortschritte gemacht…dennoch….
+++BEGINN ZITAT VON CLAUDINE FOUDRAY+++
- Als ich Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage war, hörte ich oft das Wort “ Standards “ von der Kanzel herab.
- Auch das Wort „Gehorsam“ habe ich öfter gehört, als ich zählen kann.
- Ich kann mich nicht daran erinnern, dass irgendjemand über „persönliche Grenzen“ oder „Zustimmung“ gesprochen hätte.
- Mir wurde sogar gesagt, dass die LDS-Kirche eine Kirche der „Aufgaben“ und nicht der „Freiwilligen“ sei.
Jetzt weiß ich, dass diese Kirche sich auf das Setzen von „Standards“ und „Vorgaben“ fokussiert, anstatt persönliche Grenzen zu respektieren.
In einem „Standardsystem“ wird einem gesagt, was getan werden soll, und man wird weniger gefragt, ob es OK für einen ist.
Claudine Foudray (Post Mormon Coaching)
+++ZITAT ENDE+++
dem kann ich nicht zustimmen. Es liegt alles im Auge des Betrachters.
Stimmt! Persönliche Grenzen sind immer wichtig gewesen. Die Schriften sind voll mit Aussagen zum Thema Einigkeit. Im weltlichen Sinne würde man eher von Konsens sprechen. Die Kirche ist nicht nur schwarz / weiss. Es gibt auch alle Schattierungen dazwischen. Gehorsam ist immer die schlechteste Motivation etwas zu tun oder zu lassen, es kann aber auch der Anfang zu etwas Besserem sein.
Ich habe auch sehr Mühe Grenzen zu setzen und nicht beleidigt zu sein, wenn jemand sie setzt… Das muss ich echt jetzt erst mühsam lernen…
Mir sind viele Fälle bekannt, gerade auch innerhalb der Familie, wo der ‚Gehorsam‘ alles andere in Frage stellte. Da wird die vollzeit-berufstätige Mutter von 4 Kindern zur FHV-Leiterin berufen, die irgendwann am Ende ihrer Kräfte erkennt, dass sie ihre eigenen Grenzen längst überschritten hat. Aber es muss ja weitergehen, schließlich hat Gott das ja entschieden, nicht etwa die Gemeindeautoritäten. Und wer will sich schon gegen Gottes Willen aussprechen?
Es schien auch Gottes Wille zu sein, dass seit vielen Jahren schon keine Reinigungsfirma, sondern die eigenen Mitglieder, teilweise Rentner und 75 Jährige das Gemeindehaus in ihrer Freizeit putzen, wischen und saugen sollen. Unentgeldlich versteht sich, man erhält schließlich den „Segen Gottes“.
Bemerkenswert ist auch, dass Gott sich offenbar für all diese trivialen Einzelheiten interessiert und seinen Sprachröhren, also den hochrangigen Krawattenträgern der HLT-Kirche, durch Gefühle seine Absichten vermittelt.