Die Apostel der HLT-Kirche und die Jünger Jesu

Kommentar von Guido Müller

Links: Die „Apostel“ der HLT Kirche (Offizielles Pressebild)
Rechts: Die Jünger von Jesus (Gemälde des Nordisk Bibelmuseum)

Letztens verglich ich einfach mal ein Foto von den Aposteln der HLT-Kirche (Mormonen) mit einem Gemälde der frühen Apostel Jesu. Ein paar deutliche Kontraste in den beiden Bildern wurden auffällig.

Rechts die Jünger sitzen in einfachsten Verhältnissen auf Steinen und auf dem Boden im Schatten eines Olivenbaums. Jegliche äußere Form von Status scheint überhaupt keine Rolle zu spielen – im Gegenteil. Man bekommt außerdem das Gefühl: Unterschiede dürfen sein. Einfache Männer vereint in einer spirituellen und teils aktivistischen Mission, die durchaus nicht ungefährlich für sie war und für einige tödlich endete wie man weiß.

Links die Herren sitzen sehr bequem auf vermutlich teuren Stühlen….mit Samt gepolstert. In einem pompösen Raum mit teurem Teppich, Marmorwänden und beeindruckenden Säulen, sie tragen formales Business Attire und keiner von ihnen darf Bart noch längere Haare haben. Gefühlt ist die einzige erlaubte Individualität eine von 10 Anzugfarben und die Farbe der Krawatte. Sie treten mit der Aussenwelt fast als inspirierende Führungsmannschaft eines Konzerns auf. Niemand ist in ernsthafter Gefahr weil niemand gegen bestehende Machtverhältnisse aufbegehrt. Eher weiß man sich diese Machtverhältnisse zu Nutze zu machen und vermehrt die eigene Finanzkraft, womit man selbst Macht und Einfluss aufbaut. Großer externer Macht fügt man sich, auch weil man Privilegien, finanzielle Vorteile und rechtlichen Status verlieren könnte.

Meine Gedanken zu HLT-Führern und ihren Erfolgsaussichten

Immer diese gestriegelten, glatten Business-Apostel, die auch Pressesprecher hätten werden können…weil sie kirchenpolitisch so unheimlich korrekt sein müssen, damit sie ja nicht einen Rüffel bekommen! In der Kirche fehlt es am erfrischenden Mut….und auch an fortschrittlichen neuen Ideen! Es fehlen auch die Ecken und Kanten…der offene Diskurs….der offene Widerspruch und dessen Würdigung! Ein kulthaftes Festklammern an den Autoritäten und vermeintlich konsistenten Lehren der Vergangenheit ist zu beobachten und soll wohl das Erfolgsrezept sein…

Ja, ich glaube man will irgendwie vermitteln, dass man eine völlig konsistente Lehre über die vielen Jahrzehnte hatte. Das ist aber total absurd, wenn man genauer hinblickt: Von Polygamie, Übersetzungsclaims, Zehnten, Erster Vision, dem Schwarzen-Priestertum, der Blutsühne, Endowment-Strafen bis hin zur Dreieinigkeitslehre (BM) etc. etc. hat sich SEHR viel geändert! Die Kursänderungen kamen durchaus als risikobewusstes, ziemlich verkopftes Menschengewurstel zustande – von reiner Offenbarung vom Himmel war da jedoch nicht viel zu spüren. Oft erfolgten entscheidende Änderung durch Druck von außen, vermutlich auch finanziellen Druck.

Dass diese Organisation in Afrika und den ärmsten Regionen der Welt Erfolg haben wird, wo schon allein aufgrund der Maslow’schen Bedürfnispyramide im Vergleich eher weniger kritisch nachgeprüft wird – steht außer Frage. Bei Asylanten in Deutschland kam sie ja viele Jahrzehnte auch sehr gut an!

Aber dort wo die Kirche auch gerne erfolgreich wäre, nämlich in der gebildeten Mittelschicht der westlichen Industrienationen, da wird es meiner Meinung nach nicht passieren! Ich denke: wir werden im Westen einen etappenweisen Niedergang einer gesamten Kirchenkultur erleben. In der Zwischenzeit werden wir aber noch viele vermeintliche Erfolge vermeldet bekommen – weil dieser Niedergang ja eigentlich nicht sein darf! Man hatte ja das Gegenteil prophezeit…und Misserfolge dürfen somit weder wirklich thematisiert noch offen analysiert werden.

Wir werden also noch sehr oft von den gestriegelten Business-Sprachrohren Gottes hören, dass die Kirche mehr Tempel denn je bauen wird und alles wunderbar floriert!

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H.S.
H.S.
7 Monate her

Diversität ist auf der ganzen Linie in der HLT schwer zu finden und ist auch nicht gewollt. Es gibt den Erlösungsplan für alle, die Familienform für alle, die Werte für alle…. und natürlich der Einheitsstyle für alle (inkl. Frisurenspektrum). Individualität ist nicht gewollt, sobald die klaren Linien in Frage gestellt oder gar überschritten werden. Wir sollen Dinge fragen – aber nur solange alle die gleichen Antworten erhalten, um dann zu sagen, dass es eine „persönliche Antwort und Überzeugung“ ist. Wenn nicht, hat man was falsch gemacht. Als Individualist hat man es schwer in dieser Kirche, obwohl der Plan des Lebens ja eigentlich um Lernen geht, dürfen einige harmlose Grenzen (z.B. Kleidung, Haarschnitt) nicht ohne Konsequenzen überschritten werden. Sorry, schlechte Haarschnitte in der Jugend sind wichtig zur Selbstfindung comment image und wenn man später mal wieder Fotos anguckt. Dieses Durchgezähmte, Sterile an der Oberfläche und das angesprochene Chaos unter der Oberfläche sind schon eine interessante Mischung

S.S.
S.S.
7 Monate her
Reply to  H.S.

H.S.: Mir scheint, dass nur die Ja-Sager in der Kirche Karriere machen. Alle anderen distanzieren sich irgendwann selber oder werden ganz einfach abgesägt. Danke für Deinen wertvollen Kommentar.

H.S.
H.S.
7 Monate her
Reply to  S.S.

S.S.: ich denke das mit dem Ja-Sagen ist mehr als eine rein subjektive Wahrnehmung. Es sollen keine Bärte getragen werden, aber von einem Bischof wird es erwartet. Und wie sehr werden jene gelobt, die sich gedemütigt haben?! Ich bekam das Melchisedekische Priestertum erst, als ich mir meine Koteletten abrasiert habe und meine Haare anständig geschnitten habe. Auf EFY werden Demütigungszeremonien gemacht für die, die leicht über den Standards sind. Mission…. – wo soll ich da anfangen?! Zeugnisversammlung, Ansprachen, Klassen – die Geschwister, die mehr oder weniger stark neben der Spur waren oder gar Kritik übten, wurden schräg angeguckt. War jemand nicht straight bzw. war jemand sogar queer, wurde dieser Person höchstens Mitleid ausgedrückt (häufig war es deutlich schlimmer). Hatte jemand einen Partner außerhalb der Kirche – schwer. Ich meine, die Handbücher zeugen von „dem engen und schmalen Weg“ (alleine, dass man das positiv konnotiert, sagt viel aus!) und in allen Gemeinden konnte ich diese Kultur mehr oder weniger klar erkennen. Ich habe viele dieser Maßnahmen als Hirnwäsche wahrgenommen (sogar als ich noch Mitglied war!) und ich erinnere mich, wie ich mit zwei Freunden in den Film „Die Welle“ gegangen bin. Ich hatte mich davor schon mit der Thematik beschäftigt und wurde durch den Film innerlich bestärkt. Es erinnerte mich so unglaublich an die Methoden der Gehirnwäsche bei den Mormonen. (Haben übrigens auch gute Freunde von mir aus dieser Kirche so wahrgenommen.) Ich konnte nicht gut mit meinen Freunden darüber sprechen, weil ich ja meinen Glauben zwar kritisch sah, aber ihn… Weiterlesen »

Siegfried
Siegfried
6 Monate her
Reply to  H.S.

Sehr schön analysiert. Die Verantwortlichen versuchen eben an der Oberfläche den Eindruck von Klarheit und Strukturiertheit zu erwecken, den sie im Inneren nicht hinkriegen und auch noch nie erreicht hatten.
Schein eben statt Sein. Aber das war ja von Anfang an ohnehin das Wichtigste.

F.W.
F.W.
7 Monate her

Den Niedergang der Kirchenkultur in der westlichen Welt kann man auch gut an dem Wandel der gepredigten Thematiken erkennen. Als ich Ende der 80er zur Kirche kam, beherrschte noch das Thema Missionsarbeit die Versammlungen. „Jedes Mitglied ein Missionar, jeder junge Mann auf Mission, in 5 Jahren möchten wir die Gemeinde teilen, usw.“, das war damals der Fokus. Abtrünnige waren ein normales Ergebnis der celestialen Auslese, die bei den vergleichbar hohen Zuwächsen vernachlässigbar schienen. Die Euphorie des großen Missionswerkes ist jedoch heute stark zurückgegangen. Heute geht es in den Themen mehr und mehr um das „An-der-Stange-Bleiben“. Dazu passte auch das Motto unserer Gemeindekonferenz, die vorgestern stattfand. „Fest zu den Bündnissen mit dem Herrn stehen“, so oder so ähnlich hieß es. Dieses Motto ist mittlerweile in den westlichen Nationen der zentrale Fokus, und das ist strategisch gar nicht mal so verkehrt, aus Sicht der Kirche. Den Mitgliedern, die in die Kirche hineingeboren wurden und denjenigen, die als Untersucher nicht genauer hingeschaut bzw. gegoogelt haben, muss heute immer wieder klar gemacht werden, was sie alles verlieren werden, wenn sie die Kirche verlassen. Militärisch ausgedrückt, statt die Welt zu erobern muss man sich mit „Stellung halten“ begnügen, ohne Munition ist eben nicht mehr drin.