kurz zu mir: Ich bin 18 Jahre alt und seit einem Jahr ein „Investigator“ in der Kirche. Ich habe bereits Teile des CES Letters gelesen und mir die Videos von Alyssa Grenfell angesehen. Die darin geäußerte Kritik konnte ich entweder mit dem Faithful Reply to the CES Letter oder durch eigenes Nachdenken klären.
Ich habe viel im Buch Mormon gelesen und mehrmals darüber gebetet. Ich denke, dass die Kirche wahr ist.
Was sollte ich noch beachten, bevor ich mich taufen lasse? (Antworten der OF-Community in den Kommentaren)
In diesem kurzen Brief geht es nicht um Kirchen-Lehre, -Politik oder -Geschichte. Wir haben eine Botschaft, die uns aus dem Herzen kommt und die wir gerne teilen möchten. Wir wissen, dass viele von euch über unsere Entscheidung, die Kirche zu verlassen, verwirrt sein könnten. Wir nehmen es euch nicht übel, wenn ihr das so empfindet. Es gab eine Zeit, in der wir nicht verstanden haben, warum jemand aus der Kirche austreten würde. Vor 2016 konnten wir uns nicht vorstellen, an dem Ort zu sein, an dem wir jetzt sind.
Aber wir möchten, dass ihr Folgendes wisst: Niemand hat uns beleidigt. Wir lieben Euch genauso sehr, wie wir es immer getan haben! Wir glauben nicht mehr an die Wahrheitsansprüche der Kirche und wir vertrauen der Kirche als Institution nicht mehr; wir sehen jedoch immer noch viel Gutes im Mormonentum. Wenn ihr die Kirche liebt und das Gefühl habt, dass sie euch hilft, ein besserer Mensch zu werden, respektieren wir eure Entscheidung, aktiv zu bleiben.
Es gab Aspekte unseres Glaubenswechsels, die sehr schmerzhaft waren
Es ist nicht unsere Absicht, euch dazu zu bringen, eure Meinung zu ändern. Wir haben es nicht nötig, von Euch „gerettet“ zu werden. Es gab Aspekte unseres Glaubenswechsels, die sehr schmerzhaft waren, aber wir haben sie verarbeitet. Wir haben Frieden. Wenn ihr Fragen an uns habt, sind wir offen dafür, über alles zu reden. Wenn ihr jemanden kennt, der aus der Kirche ausgetreten ist, und ihr wissen wollt, wie ihr auf ihn zugehen könnt, sind wir vielleicht eine gute Anlaufstelle für euch. Wir hoffen, dass ihr einen Weg findet, um zu verstehen, dass die Kirche nicht für jeden ein sicherer Ort ist und dass manche Menschen die Kirche verlassen, weil sie ihrem Gewissen folgen. Wir wissen, dass wir die Entscheidung getroffen haben, die für uns richtig ist und im besten Interesse unserer geistigen Gesundheit liegt. […] Wir werden für immer dankbar sein für unsere Reise durch das Mormonentum und für all die guten Dinge, die wir als aktive Mitglieder gelernt haben. An dem Ort, an dem wir jetzt sind, glauben wir mehr denn je an die Macht der Liebe.
…lernte ich in der „Kirche“, dass die wichtigsten Lösungswege, wenn ich mich schlecht fühlte, in etwa folgende seien:
Gehorsamer gegenüber Gottes Geboten sein (kongruent mit den Geboten und Richtlinien der Kirche Jesu Christi HLT)
Mehr anderen Dienen
Mehr in den Heiligen Schriften lesen
Mehr beten
Weniger an mich selbst denken
Mehr in den Tempel gehen
etc. etc. etc.
HEUTE…
…spüre ich mehr und mehr, dass die oben beschriebenen Lösungswege, die tausendfach in Sonntagsschul- und PV Klassen wiedergekäut werden, nicht nur zu kurz greifen und sondern sogar gefährlich irreführend sein können.
Wir leben in einer Welt, wo das Bewusstsein gewachsen ist, dass Ungerechtigkeit und Leid, das durch unregulierte religiöse Machtausübung passiert, durch freie Rede und angebrachte Kritik eingedämmt werden kann. Hier sind insbesondere Menschen gefragt, die mit den jeweiligen Religionen direkt zu tun hatten oder ein Teil davon sind.
Während religiöse Führungspersonen zahlreicher Religionen sich in Richtung eines gesünderen, gemäßigten Umgang mit Kritik bewegen, bleiben unzählige HLTs mehr oder weniger auf dem Stand von Oaks. Stimmt es, dass sie im Tempelendowment weiterhin versprechen müssen, „evil speaking of the Lords anointed“ zu unterlassen…? Oder wurde das kürzlich entfernt? Das ist ein Freibrief dafür, jegliche auch sinnhafte Kritik am Verhalten von Kirchenführern im Keim zu ersticken und direkt das Verhalten eines Kritikers als „sündhaft“ einzustufen.
Viele Menschen würden lieber sterben, als in ihrer Gemeinschaft Scham zu erleben
Die Psychologie sagt: Viele Menschen würden lieber sterben als innerhalb ihrer Gemeinschaft „Scham“ zu erleben und Gefahr zu laufen, am Rande oder „draußen“ zu stehen. Das macht evolutionstechnisch gesehen auch Sinn, finde ich: Vom Stamm verstoßen zu werden und ganz allein gegen den Säbelzahntiger kämpfen „is no fun“. Damit wird das Tempelversprechen ein nicht zu unterschätzender unterbewusster Maulkorb für alle Mitglieder.
Hi liebe Leute, ich vermisse hier seit einiger Zeit bestimmte Argumente, die trotz allem FÜR die Kirche Jesu Christi HLT sprechen.
Selbst viele Ex-HLTs hier betonen regelmäßig die zahlreichen positiven Erfahrungen mit Mitgliedern, Gemeinschaft, etc. ….Ich kenne nicht so viele Organisationen, wo das der Fall ist. Ich für meinen Fall kann sagen, dass es sich immer noch buchstäblich so anfühlt, eine Familie verloren zu haben. Es gibt Zeiten, da fühle ich mich innerlich zerrissen und traurig über das Ganze. Menschen und Gemeinschaft, die bestimmte Werte leben wollen, das hat einen Zauber und Reiz, egal was „die da oben“ anstellen. Menschen haben einen göttlichen Kern – und sie sind der Grund, warum diese Kirche wertvolle Gemeinschaft bietet. Immer wieder hört man, dass das System ohne Fehler sei, und die Menschen vor Ort Mist bauen, ich persönlich sehe es auch ein wenig andersrum: Wir haben zahlreiche Menschen, die erstmal allesamt von Natur aus auf eine gewisse Weise „wunderbar und göttlich“ sind, in einem System, das zahlreiche Schwächen besitzt und oft dafür sorgt, dass gute Menschen anderen guten Menschen und sich selbst schaden.
Seit sieben Jahren gibt es hier jetzt den Dialog zwischen HLTs jeder Couleur, egal ob noch Mitglied der Kirche, ausgetreten oder etwas „dazwischen“ – ausgestattet mit einem breiten Spektrum an Erfahrungen und Sichtweisen. Hier gibt es einige HLTs, die sich regelmäßig damit auseinandersetzen und anhören, was ausgetretene HLTs zu sagen haben. Aber eben auch umgekehrt. Was hier kommuniziert wird, hat sicher auch einen Einfluss darauf, wie man mit den Liebsten spricht. Dabei gilt wie überall: Der Ton macht die Musik. In diesem Forum ging es häufig darum, wie ehemalige HLT nicht behandelt werden wollen. Nun mal zum Thema, wie man als ehemaliger HLT diejenigen im eigenen Kreise behandelt, die noch hingehen.
Die Anregungen von Dr. Julie Hanks: (ich bin mir sicher, sie meint die Liste wirklich als Anregung und nicht als „Vorschrift“.)
Letztens verglich ich einfach mal ein Foto von den Aposteln der HLT-Kirche (Mormonen) mit einem Gemälde der frühen Apostel Jesu. Ein paar deutliche Kontraste in den beiden Bildern wurden auffällig.
Rechts die Jünger sitzen in einfachsten Verhältnissen auf Steinen und auf dem Boden im Schatten eines Olivenbaums. Jegliche äußere Form von Status scheint überhaupt keine Rolle zu spielen – im Gegenteil. Man bekommt außerdem das Gefühl: Unterschiede dürfen sein. Einfache Männer vereint in einer spirituellen und teils aktivistischen Mission, die durchaus nicht ungefährlich für sie war und für einige tödlich endete wie man weiß.
Links die Herren sitzen sehr bequem auf vermutlich teuren Stühlen….mit Samt gepolstert. In einem pompösen Raum mit teurem Teppich, Marmorwänden und beeindruckenden Säulen, sie tragen formales Business Attire und keiner von ihnen darf Bart noch längere Haare haben. Gefühlt ist die einzige erlaubte Individualität eine von 10 Anzugfarben und die Farbe der Krawatte. Sie treten mit der Aussenwelt fast als inspirierende Führungsmannschaft eines Konzerns auf. Niemand ist in ernsthafter Gefahr weil niemand gegen bestehende Machtverhältnisse aufbegehrt. Eher weiß man sich diese Machtverhältnisse zu Nutze zu machen und vermehrt die eigene Finanzkraft, womit man selbst Macht und Einfluss aufbaut. Großer externer Macht fügt man sich, auch weil man Privilegien, finanzielle Vorteile und rechtlichen Status verlieren könnte.
Meine Gedanken zu HLT-Führern und ihren Erfolgsaussichten
Immer diese gestriegelten, glatten Business-Apostel, die auch Pressesprecher hätten werden können…weil sie kirchenpolitisch so unheimlich korrekt sein müssen, damit sie ja nicht einen Rüffel bekommen! In der Kirche fehlt es am erfrischenden Mut….und auch an fortschrittlichen neuen Ideen! Es fehlen auch die Ecken und Kanten…der offene Diskurs….der offene Widerspruch und dessen Würdigung! Ein kulthaftes Festklammern an den Autoritäten und vermeintlich konsistenten Lehren der Vergangenheit ist zu beobachten und soll wohl das Erfolgsrezept sein…
Ja, ich glaube man will irgendwie vermitteln, dass man eine völlig konsistente Lehre über die vielen Jahrzehnte hatte. Das ist aber total absurd, wenn man genauer hinblickt: Von Polygamie, Übersetzungsclaims, Zehnten, Erster Vision, dem Schwarzen-Priestertum, der Blutsühne, Endowment-Strafen bis hin zur Dreieinigkeitslehre (BM) etc. etc. hat sich SEHR viel geändert! Die Kursänderungen kamen durchaus als risikobewusstes, ziemlich verkopftes Menschengewurstel zustande – von reiner Offenbarung vom Himmel war da jedoch nicht viel zu spüren. Oft erfolgten entscheidende Änderung durch Druck von außen, vermutlich auch finanziellen Druck.
Hast Du auch gelacht, als die BYU „geringe Nachfrage“ als Grund dafür angab , dass sie bis 2017 keine koffeinhaltigen Getränke verkauft hat? Das haben wir. Die Studenten baten nämlich schon seit vielen Jahren wiederholt um Koffein.
In der Erklärung der BYU wurde die Tatsache völlig umgangen, dass der Koffeinkonsum innerhalb der Kirche ein umstrittenes Thema ist. Indem die BYU die langjährige Kontroverse darüber, ob Koffein gegen das Wort der Weisheit verstößt, nicht anerkannte, implizierte sie, dass die Entscheidung, koffeinhaltige Limonade zu verkaufen, genauso unauffällig war wie die Entscheidung, einen Taco Bell auf dem Campus zu eröffnen.
Das ist nicht die Realität. Koffeinhaltige Getränke an der BYU sind eine bemerkenswerte Veränderung. So zu tun, als wäre es nicht so – nun, das ist Irreführung.
Was ist Gaslighting?
Das Wort stammt aus dem Theaterstück Gas Light von 1938, in dem es um einen Mann geht, der versucht, seine kriminellen Aktivitäten zu verbergen, indem er seiner Frau vorgaukelt, sie würde verrückt werden. Als durch seine Handlungen das Gaslicht in ihrer Wohnung schwächer wird, besteht er darauf, dass sich nichts geändert hat, und sagt ihr, dass sie sich das nur einbilden muss.
Du hast den Begriff „religiöses Trauma“ vielleicht noch nie gehört, aber vielleicht hast Du es erlebt. Oder kennst jemanden, der es erlebt hat. Ich bin durch meinen ältesten Sohn zum ersten Mal mit religiösem Trauma in Berührung gekommen.
In seiner Jugend hatte er sich darauf gefreut, auf eine Mission zu gehen. Als er das Missionsalter erreichte und nicht mehr in die Kirche gehen wollte, war ich verwirrt.
Als ich erfuhr, dass er 20 Stunden am Tag schlief, wusste ich, dass etwas wirklich nicht stimmte. Er war ein junger Mann, der weit weg von zu Hause lebte, aber er hatte nicht genug Energie, um für sich selbst zu sorgen. In meiner Verzweiflung, herauszufinden, was los war, bat ich ihn, wieder bei seinem Vater und mir einzuziehen, damit wir ihn versorgen konnten.
Er wollte nicht über die Kirche reden
Es dauerte Monate, bis er körperlich und seelisch stabil war; während dieser Zeit verstummte er jedes Mal, wenn ich die Kirche erwähnte. Er hatte Schmerzen, und ich wusste, dass es nicht daran lag, dass er Buße tun musste. Ich hatte lange genug gelebt, um emotionale Traumata zu erkennen. Ich konnte es in seinem Gesicht sehen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was passiert war.
Von Popcorn auf Aprikosenbäumen singen! Stäbchen aus einem Glas aussuchen! Malen und Spielen! Das PV-Programm hat Generationen von Kindern sonntägliche Unterhaltung und Bildung geboten.
Leider lernen die Kinder inmitten von Spaß und Nützlichem auch Lektionen, die sie auf ihrem Weg zu emotional gesunden Erwachsenen behindern.
Direkt und indirekt wird HLT-Kindern ein fragwürdiges System zur Interpretation von Gefühlen beigebracht.
Was man in der PV über Gefühle lernt
Hier sind fünf Botschaften über Gefühle, die Kinder in der Kirche lernen:
Emotionen kommen von außen: positive Gefühle kommen von Gott und negative Gefühle von Satan. Diese Lehre hält uns davon ab, die volle Verantwortung für unsere Gefühle zu übernehmen, und führt dazu, dass wirnegative Gefühle fürchten.
Emotionen sagen uns, ob wir die richtigen oder falschen Entscheidungen treffen. Der Glaube, dass Gefühle Entscheidungen leiten sollten, führt zu einer Menge Angst!
Emotionen sind ein Zeichen für „rechtschaffenes“ oder „sündiges“ Verhalten. Wenn wir glauben, dass rechtschaffenes Verhalten zu Glück und Sünde zu Elend führt, ist es leicht zu glauben, dass wir uns immer glücklich fühlen sollten und dass wir etwas falsch gemacht haben, wenn wir es nicht tun.
Intensiven Gefühlen sollte man widerstehen. Die Bandbreite der akzeptablen Emotionen im Mormonentum ist gering, weil das Ziel darin besteht, den Geist immer präsent zu haben – was aus wenigen (und nicht zu intensiven) positiven Gefühlen besteht. Wir lernen, Experten darin zu werden, unangenehmen Gefühlen zu widerstehen: ein Prozess, der zu Angst und verminderter Selbstwahrnehmung führt. Eine weitere Folge kann sein, dass man sich weniger lebendig fühlt.
Emotionen sind der Beweis für jede Art von Wahrheit. Diese falsche Vorstellung, die von fast jeder Religion gelehrt wird, scheint bei den Mormonen noch verstärkt zu werden, weil sie behaupten, Mitglieder der „einzig wahren Kirche“ zu sein. Wenn wir starke positive Gefühle mit der Wahrheit der Kirche verbinden, werden wir weniger geneigt sein, die grundlegenden Lehren der Kirche in Frage zu stellen. Was heilig ist, festigt sich in uns als Tatsache, weil wir es nicht mehr von Gott trennen können. Was wir uns nicht erlauben, in Frage zu stellen, hält uns von Veränderung ab, selbst solcher, die für uns gesund sein könnte.